Bild nicht mehr verfügbar.

Groß war vor allem die Enttäuschung vieler über den vatikanischen Umgang mit den weltweiten Missbrauchsfällen in katholischen Einrichtungen. Papst Benedikt XVI. zog es nämlich lange vor zu schweigen.

Foto: AP/Schrader

Eine Welle an Enthüllungen sexueller Missbrauchsfälle erschütterte im Jahr 2010 die katholische Kirche weltweit. In Irland, Deutschland, Italien und nicht zuletzt auch in Österreich meldeten sich zahlreiche Opfer. Den Anfang machten Enthüllungen der Murphy-Kommission im November 2009. Im Auftrag des irischen Justizministeriums wurden, unter der Leitung der Richterin Yvonne Murphy, Missbrauchsfälle in der Erzdiözese Dublin öffentlich untersucht. Man kam zu dem folgenschweren Ergebnis, dass landesweit über Jahre hinweg mehr als 2.000 Kinder in kirchlichen Einrichtungen misshandelt, geschlagen oder sexuell missbraucht worden waren.

Kein "mea culpa"

In Deutschland folgte dann Ende Jänner 2010 mit dem Bekanntwerden von Übergriffen im Berliner Canisius-Kolleg der nächste Paukenschlag.

Groß war vor allem die Enttäuschung vieler, was den vatikanischen Umgang mit den weltweiten Missbrauchsfällen in katholischen Einrichtungen betraf. Papst Benedikt XVI. zog es nämlich lange vor zu schweigen. In einem mit Spannung erwarteten Hirtenbrief an die katholische Kirche in Irland im März 2010 entschuldigte sich der Papst nur bei den irischen Opfern - und schwieg zu den Fällen in anderen Ländern.

Österreich: Maßnahmenpaket gegen Missbrauch

Offensiver wurde man hinter vatikanischen Mauern erst zwei Jahre später: Anfang Februar 2012 durfte in der päpstlichen Universität Gregoriana erstmals ein Missbrauchsopfer über seine leidvolle Erfahrung berichten. Anlass war das Symposium "Auf dem Weg zur Heilung und Erneuerung".

In Österreich agierte man deutlich schneller: Die Bischöfe verabschiedeten ein Maßnahmenpaket gegen Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen. Kardinal Schönborn beauftragte die ehemalige steirische Landeshauptfrau Waltraud Klasnic mit der Bildung einer eigenen Kommission.

Bis Dezember 2011 wurden Entschädigungszahlungen in Höhe von 6,4 Millionen Euro zuerkannt. Insgesamt sind 1.139 Meldungen bei der Anwaltschaft eingetroffen, davon waren 1.054 Personen von Gewalt oder Missbrauch in kirchlichen Einrichtungen betroffen. Weltkirchlich schätzen Experten den finanziellen Schaden für die katholische Kirche auf rund zwei Milliarden Dollar, umgerechnet etwa 1,5 Milliarden Euro. (mro, DER STANDARD, Printausgabe, 20.2.2012)