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Harte, gefährliche und kostenintensive Tätigkeit: Montagearbeiter verlegen eine Stromleitung zwischen Hochspannungsmasten.

Foto: AP/Frank Augstein

Zwischen Regulator und E-Wirtschaft ist ein Tauziehen um die Verzinsung des Leitungsausbaus im Gang. Möglichst viel, möglichst lang, lautet der Schlachtruf der Stromfirmen; der Regulator will den Deckel draufhalten.

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Wien - Das Vorhaben, die Stromversorgung in Europa zunehmend aus erneuerbaren Quellen zu schaffen, setzt massive Investitionen in Leitungen voraus. Allein für Österreich beziffert die Regulierungsbehörde E-Control den notwendigen Geldfluss in den Netzausbau bis 2020 mit rund acht Milliarden Euro.

"Klar machen wir das. Wir wollen aber eine angemessene Verzinsung", heißt es im Büro von EVN-Chef Peter Layr, der zurzeit auch turnusmäßiger Präsident von Österreichs Energie ist, der Interessenvertretung der heimischen E-Wirtschaft. Was angemessen ist, darüber gehen die Ansichten naturgemäß auseinander.

Weil die Netze ein natürliches Monopol sind, es aber wenig Sinn macht, neben einer bestehenden Leitung eine zweite eines Konkurrenzunternehmens zuzulassen, ist dieser Bereich reguliert. Der Regulator entscheidet, für welche Investitionen die Stromkunden wie viel zahlen müssen. "Nicht zu viel, eben angemessen", sagt der für den Strombereich zuständige Vorstand der E-Control, Martin Graf, dem Standard.

Für die laufende Regulierungsperiode vom 1. Jänner 2010 bis 31. Dezember 2013 ist ein Zinssatz von 7,025 Prozent vereinbart. Dabei handelt es sich um einen gewichteten Kapitalkostensatz - 4,5 Prozent Fremd- und 10, 4 Prozent Eigenkapitalverzinsung mit einer Verteilung von 60 zu 40.

"Die zehn Prozent Eigenkapitalverzinsung sind ein hoher Wert, da sehe ich für die Periode ab 2014 Luft nach unten", sagt Graf. In Deutschland etwa sei die Erwartungshaltung deutlich geringer, dort liege der verordnete Eigenkapitalzinssatz derzeit bei 9,3 Prozent. Bis Herbst will die E-Control ein Konsultationspapier vorlegen und anschließend rasch entsprechende Bescheide erlassen. Damit wäre laut Graf auch die von den Stromfirmen geforderte Plan- und Investitionssicherheit gegeben.

In der E-Wirtschaft hält man es für angebracht, "nach einem Jahrzehnt permanenter Netztarifkürzungen leichte Erhöhungen" zuzulassen. Nur so könne der für die Energiewende notwendige Ausbau der Leitungen im erforderlichen Ausmaß erfolgen. "Je mehr verzinst die Investitionen in die Netze sind, desto mehr wird gemacht - und umgekehrt", sagte ein Sprecher von EVN-Chef Layr.

Revisionsmechanismus

Das habe eine zwingende Logik: "Die Unternehmen müssen ihren Aktionären gegenüber argumentieren, wofür sie das Geld ausgeben. Wenn man bei der Errichtung eines Windparks eine Rendite von sechs oder sieben Prozent erzielen kann, beim Netz netto aber nur 2,5 oder drei Prozent bleiben, ist klar, was die richtige kaufmännische Entscheidung ist."

Statt bisher vier Jahre wünscht sich die Branche zumindest fünf Jahre, in denen das Regulierungsregime gilt - das wäre ein Mehr an Sicherheit, zumal sich auch der Bau einer 110-Kilovolt-Leitung mitunter länger als vier Jahre ziehe."Das ist Verhandlungssache", sagt Graf. Der E-Control-Vorstand stellt auch zur Diskussion, statt eines fixen Fremdkapitalzinssatzes über die ganze Periode einen Revisionsmechanismus einzubauen, um so flexibel auf Marktänderungen reagieren zu können.Um die Finanzierung zu stemmen, empfiehlt Graf die Auflage von Unternehmensanleihen. Weil bei einer Kapitalerhöhung die Länder mitgehen müssten (Ländermehrheit ist vorgeschrieben), seien Bonds angesichts der Sparprogramme der öffentlichen Hand das Zielführendste, um die Eigenkapitalquote der Unternehmen in vernünftiger Höhe zu halten. (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 20.2.2012)