Ich begebe mich also am Donnerstagabend in die Jogginghaut und vor den Fernsehschirm und tue es 15 Millionen TV-Zusehern gleich. Miriams Katzenaugen und Alfons' Zwinkerschmäh lullen mich ein. Während der Eröffnung und der Blumen-Slideshow werden mir fast die Lider schwer.

Dann komme ich aber schnell drauf, dass die Knappheit der TV-Übertragung kein Blinzeln erlaubt: Aussagen werden vor dem Punkt abgeschnitten, Worte in Münder gelegt und die Lachmuskelkrämpfe derer zur Schau gestellt, die eigentlich Gäste sind, durch die Kameras aber abrupt zu Darstellern werden. Geschätzte 50 Speed-Interviews, 20 Musikstücke, 500 Prominentennamen und vier Stunden später weiß ich wieder, dass hier alles für die Form, nichts für den Inhalt geschieht.

Gery Keszler: "Der Opernball soll den Zeitgeist erfassen." Im Fall der Berichterstattung bedeutet das Verkürzung und Stress. Ana Milva Gomes: "Ich bin total aufgeregt!" Nächster Satz: "Ich bin ganz ruhig." Organisatorin Desirée Treichl-Stürgkh: "Ich hab im sechsten Stock für die Jugend einen Raum kreiert." Es geht wirklich nur darum, möglichst viele Prominente vor die Kamera zu zerren und aus ihnen Lobesworte herauszupressen, Bussi-Bussi-Baba. Das Ergebnis ist Redundanz.

Nicht einmal Nicholas Ofzcarek, der sonst bei den Staatskünstlern scharfe Zunge führt, kann der "Magie" durch den Pomp entgehen: "Es verzaubert einen dann doch". In der Pause dementiert Peter Hochegger in der ZiB 2 alle Korruptionsvorwürfe. Dann geht's weiter mit der Freunderlwirtschaft am Parkett. Ein Vorschlag fürs nächste Mal: Grissemann und Stermann kommentieren im Radio, wie früher den Songcontest. (Timon Mikocki, DER STANDARD; Printausgabe, 18./19.2.2012)