Drei Prozent der Gesamtbevölkerung Österreichs haben ein Suchtproblem. Der Anteil der Führungskräfte liege dabei laut Roland Mader, Primarius am Anton-Proksch-Institut, bei zwölf Prozent. Das kürzlich abgehaltene Internationale Forum für Wirtschaftskommunikation (IFWK) widmete sich einen Vortrags- und Diskussionsabend lang dem Thema der sogenannten "nicht stoffgebundenen Süchte", wie Arbeits-, Internet-, Kauf-, Sex- oder Spielsucht.

In letzter Zeit nämlich, sagt Mader, habe sich die Zahl jener, die an oben genannten "nicht stoffgebundenen Süchten" leiden, merklich erhöht. Vor allem Führungskräfte gehören zu jener Gruppe der als besonders suchtanfällig Geltenden. Warum?

Am Beispiel der Arbeitssucht erklärt Mader die Grauzonen, in der sich diese Sucht anfangs oft unbemerkt entwickeln kann. "Das größte Problem", so Mader, "mit dem wir Therapeuten im Bereich der Arbeitssucht konfrontiert sind, ist, dass diese Sucht eine gesellschaftlich anerkannte ist. Dass dieses Suchtverhalten von den gängigen Strukturen sogar gefördert wird."

Ein Arbeitssüchtiger arbeitet viel - und das nicht nur zu Hochzeiten, sondern immer. Er oder sie dehnt die Arbeitzeiten sukzessive in die Freizeit aus. So beginnt, sagt Mader, dieser chronische Prozess in vielen Fällen. Es werden immer mehr Arbeitsaufträge angenommen, immer weniger Freizeit wird "konsumiert", bis - à la longue, so Mader weiter - die Arbeit zu einem immer zentraleren Faktor im Leben werde. "Freizeit, Familie, soziale Kontakte werden unwichtig."

Als typisches Symptom gilt Mader etwa eine "zunehmende Genussunfähigkeit": Arbeitssüchtige Menschen können weder einen Wochenendausflug noch ein Essen mit Freunden genießen, weil sie nur noch an die Arbeit denken, so Mader weiter. "Diese Menschen können keine Grenzen ziehen, sie können nicht Nein sagen." Viele darunter seien von ihren Persönlichkeitsstrukturen her perfektionistisch veranlagt, "streng zu sich selbst".

Verantwortung & Lösung

Um einer Arbeitssucht vorzubeugen, ermahnt Mader auch Unternehmen, in die Verantwortung zu gehen: "Der Dienstgeber muss hier Schutzmaßnahmen setzen, etwa Überstunden nicht ausbezahlen, sondern den Zeitausgleich forcieren." Wichtig sei auch ein gutes Teambuilding, sagt Mader - einen guten Zusammenhalt zu entwickeln, damit gefährdete Menschen von ihren Kollegen aufgefangen werden können.

Es sei wichtig, sagt Mader, angesichts der zunehmenden Zahl derer, die auch im Anton-Proksch-Institut therapiert werden, das Therapieangebot zu erweitern, "es braucht einen weiteren Aufbau von Behandlungsmöglichkeiten" - hinsichtlich eines kompetenten Umgangs mit dem jeweiligen Suchtmittel. Das Ziel einer Therapierung nicht stoffgebundener Süchte könne nämlich nicht die Abstinenz sein. (Heidi Aichinger, DER STANDARD, Printausgabe, 18./19.2.2012)