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Man habe genug geblutet, ist die griechische Regierung überzeugt.

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Bounjour Tristesse - das Leben wird für die griechischen Bürger und Bürgerinnen nicht leichter.

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Frankfurt - Die griechische Regierung sieht nach ihren jüngsten Zugeständnissen nun die Euro-Partner in der Pflicht. "Wir machen wirklich sehr viel, um Griechenland zu ändern", sagte der Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Michalis Chrysochoidis, in Frankfurt. "Jetzt ist es an Brüssel, ein positives Votum abzugeben." Griechenland habe alle Bedingungen der Geldgeber und der aus EU, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) bestehenden Trokia erfüllt. Er glaube nicht, dass die Euro-Finanzminister bei ihrem Treffen am Montag ein Problem damit haben werden, die Finanzhilfen zu genehmigen, sagte Chrysochoidis.

Die Eurogruppe hatte am Mittwoch nach einer Telefonkonferenz ein Ende der Hängepartie um das Kreditpaket zur Rettung des Landes für Anfang kommender Woche in Aussicht gestellt. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker hatte erklärt, Griechenland habe weitere Voraussetzungen erfüllt, darunter einen Plan für Einsparungen von nochmals 325 Millionen Euro in diesem Jahr. In deutschen Regierungskreisen zeigte man sich eher zurückhaltend, die Entscheidung über das Rettungspaket sei offen.

Chrysochoidis gab sich kämpferisch. Die Übergangsregierung unter dem ehemaligen EZB-Vizepräsidenten Lukas Papademos könne mit ihren Reformen die Grundlage für künftiges Wachstum legen: "Für Griechenland ist es jetzt Priorität, alle Reformprogramme umzusetzen." Er sei zuversichtlich, dass ein Neuanfang geschafft werden könne und das Land in fünf Jahren die Krise überwunden hat. Ein Austritt aus der Währungsunion komme nicht infrage. "Es gibt keine solche Option. Wir sollten außerdem diese Diskussion vermeiden, weil es Leute auf den Finanzmärkten gibt, die darauf aus sind, einzelne Länder und die Eurozone als Ganzes zu attackieren", mahnte der Minister.

Das Land verändern

"Wir strengen uns sehr an, das Land zu verändern, zu reformieren, zu erneuern", sagte der Sozialist. "Die Schwierigkeit ist: Wir haben ein Liquiditätsproblem. Banken haben ihre Kreditlinien für Unternehmen geschlossen."

Die Regierung habe Hürden für Investoren abgebaut: Bürokratie wurde verringert, für ausländische Unternehmer eine zentrale Anlaufstelle geschaffen. "Innerhalb von vier Monaten besorgt 'Invest in Greece' alle Genehmigungen, und der Investor kann loslegen", so der Minister.

In Planung sei außerdem eine Förderbank nach dem Muster der deutschen KfW. Die KfW ihrerseits habe eine Kreditlinie für deutsche Unternehmen eröffnet, die in Griechenland investieren wollten. "Viele Investoren bereiten sich darauf vor, diese Möglichkeit zu nutzen", sagte Chrysochoidis.

"Kritiker überall in Europa werfen uns vor, Griechenland führe keine Reformen durch. Das ist nicht wahr", betonte der Minister. Es sei "nicht fair, ein Land jeden Tag zu drängen, seine Verpflichtungen zu erfüllen". Chrysochoidis versicherte zugleich: "Es gibt keine anti-deutsche Stimmung in Griechenland. Es gibt keine Probleme mit Deutschen und Deutschland in Griechenland."

Staatseinnahmen auf Sperrkonto

Die griechische Regierung hat indes mittlerweile Diplomatenangaben zufolge damit einverstanden erklärt, Staatseinnahmen künftig zur Schuldentilgung auf ein Sperrkonto fließen zu lassen. Die Idee hinter dem deutsch-französischem Vorstoß ist, dass mit dem Inkrafttreten eines zweiten Hilfsprogramms zumindest ein Teil der griechischen Staatseinnahmen auf dieses Konto fließt und nur zur Rückzahlung von Schulden eingesetzt werden kann. Die technischen Einzelheiten eines solchen Kontos sowie einer strengeren Überwachung der griechischen Regierung bei der Umsetzung der Reformagenda sollen bis zum nächsten Treffen der Eurogruppe am Montag diskutiert werden.

Grünes Licht für Schuldenschnitt

Am Montag wollen die Euro-Finanzminister Diplomaten zufolge grünes Licht für den Schuldenschnitt geben, über den die griechische Regierung in den vergangenen Wochen mit ihren privaten Gläubigern verhandelt hat. Banken, Versicherungen und Investmentfonds sollen freiwillig auf 100 Mrd. Euro verzichten. Dafür tauschen sie ihre griechischen Staatsanleihen gegen neue Schuldscheine mit längerer Laufzeit und niedrigerem Zinssatz um. Dieser Umtausch dauert voraussichtlich mehrere Wochen.

Die Aktion soll mit 30 Mrd. Euro aus dem insgesamt 130 Mrd. Euro großen zweiten Hilfspaket abgesichert werden. Außerdem müssen mit Mitteln aus dem Paket die griechischen Banken rekapitalisiert werden, die durch den Schuldenschnitt hohe Verluste erleiden. Der Rest des Hilfspakets könnte dann, wenn der Schuldenschnitt erfolgreich abgewickelt wurde, schließlich von der Eurogruppe freigegeben und nach und nach ausgezahlt werden.

Bisher ist allerdings unsicher, ob sich ausreichend Gläubiger an dem Schuldenschnitt beteiligen, die Euro-Länder hoffen auf eine Quote von 90 Prozent. Liegt die Beteiligung deutlich darunter, geraten die Pläne zur Rettung Griechenlands wieder ins Rutschen. Die Zeit drängt jedoch: Am 20. März muss die Regierung in Athen 14,5 Mrd. Euro zurückzahlen, die sie nicht hat. (Reuters, red, derStandard.at, 16.2.2012)