Ein auf Justizberichterstattung spezialisierter Blogger ist am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht wegen versuchter schwerer Nötigung zu eineinhalb Jahren unbedingter Freiheitsstrafe verurteilt worden. Der 40-Jährige hatte im März 2010 einem Richter des Bezirksgerichts Wien-Döbling einen fünfseitigen Brief zukommen lassen, in dem er in einer eigenen Rechtssache um die Verlegung einer Tagsatzung ersuchte. Das Schreiben enthielt eine "gravierende Drohung", wie Richterin Martina Krainz im Grauen Haus betonte. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

"Und jetzt bin ich gespannt, welche Entscheidung Sie treffen."

Im Hinblick auf gesundheitliche Probleme - dem Blogger machten im Frühjahr 2010 seinen Angaben zufolge Wirbelsäule- und Hüftbeschwerden zu schaffen - hatte er nachdrücklich um die Verlegung des anstehenden Verhandlungstermins ersucht. "Es kann ein Gericht doch nur eine korrekte Verhandlungsfähigkeit wollen und kein zweites Hollabrunn, wo jemand, der eben so Justizopfer geworden ist, dem Richter auflauert, weil er sich ungerecht behandelt fühlt", hieß es in dem Brief. Ein paar Seiten später merkte der Blogger dann an: "Und jetzt bin ich gespannt, welche Entscheidung Sie treffen."

"Der Satz ist hineingerutscht"

"Wenn ich so ein Schreiben krieg', kann ich gar nicht anders, als die Staatsanwaltschaft einschalten", erklärte der betroffene Richter, weshalb er Anzeige erstattet hatte. Der Hinweis auf das Attentat im Bezirksgericht Hollabrunn, wo im Dezember 2009 ein Mann eine Rechtspflegerin erschoss, die sich ihm in den Weg gestellt hatte, als er seine Scheidungsrichterin suchte, sei ihm "relativ aggressiv" erschienen.

"Der Satz ist hineingerutscht", behauptete der Angeklagte. Es sei ihm damals nicht gut gegangen, er habe unter Schmerzen gelitten: "Wahrscheinlich war ich auch überarbeitet." Es handle sich um "ein Missverständnis", er habe dem Richter nicht Angst machen, sondern einen "freundlichen Vorschlag" unterbreiten wollen.

Exekutionsanträge

Der Bezirksrichter hatte mehrere gegen den Blogger gerichtete Exekutionsanträge zu behandeln gehabt. Vor allem ein Anwalt, über den der 40-Jährige regelmäßig abschätzige Berichte ins Internet stellte, hatte jenen auf Unterlassung der angeblich unwahren Behauptungen geklagt.

Der Blogger war Anfang Oktober 2011 in U-Haft genommen worden, nachdem er mehrfach der gerichtlichen Aufforderung, sich von einem psychiatrischen Sachverständigen untersuchen zu lassen, nicht nachgekommen war und auch sonst auf behördliche Verständigungen nicht reagierte. Die Justiz wertete dieses Verhalten als Versuch, sich dem Strafverfahren zu entziehen. Die viereinhalbmonatige U-Haft wurde dem Mann auf die Strafe angerechnet. Ihm wurde allerdings auch eine aus einer vorangegangenen Verurteilung resultierende offene bedingte Freiheitsstrafe von drei Monaten widerrufen, so dass er insgesamt 21 Monate zu verbüßen hat. Der 40-Jährige weist vier einschlägige Vorstrafen wegen gefährlicher Drohung auf. (APA)