Tritt Dienstagabend mit Theo Bleckmann im Konzerthaus auf: der deutsche Jazzpianist Michael Wollny.

Foto: Grosse-Geldermann

Durchaus zu Recht hat in den vergangenen Jahren das Schlagwort von der "Neuen deutschen Jazzwelle" die Runde gemacht: Beim großen Nachbarn, vor allem in den Szenezentren Köln und Berlin, erschien eine erkleckliche Anzahl junger Improvisationmusiker auf der Bildfläche, gut ausgebildet und mit dem Willen ausgestattet, eigene Wege einzuschlagen - folglich der US-Jazztradition nur lose verpflichtet. Neben Trompeter Matthias Schriefl oder dem Berliner Trio Hyperactive Kid ist Michael Wollny einer jener Jungspunde, die in diesem Kontext stets genannt werden: Der Pianist aus Schweinfurt wurde bereits mit 23 vom damals schon knapp 70-jährigen Saxofonisten und Szenevater Heinz Sauer zum Duopartner auserkoren. Zudem machte Wollny im Trio [em] mit komplexen Klavier-Bass-Schlagzeug-Dramaturgien auf sich aufmerksam, sein Meisterstück legte er 2007 mit der von entschleunigten harmonischen Farbenspielen geprägten Soloaufnahme Hexentanz vor. Heute ist Wollny 34 und das Gesicht einer deutschen Jazzszene, die sich selbstbewusst zu ihren Talenten bekennt.

Theo Bleckmann ist ein anders und doch ähnlich gelagerter Fall: Der Weg des zwölf Jahre älteren, aus der Nähe von Dortmund stammenden Vokalisten führte über New York, in dessen damals brodelnde Downtown-Szene er 1989 eintauchte. Seither hat Bleckmann seinen Aktionsradius sukzessive erweitert: Vom Sideman im Ensemble von Meredith Monk zum Bandleader, der mit aparter, androgyner Stimme seine eklektischen Interessen auslebt. Schlagern aus der Weimarer Republik, Liedern von Charles Ives sowie aktuell den Songs von 1980er-Jahre-Pop-Ikone Kate Bush (Hello Earth!) galt und gilt gleichermaßen Bleckmanns Aufmerksamkeit, zudem stehen zwei Soloalben zu Buche, von denen die fast 50-minütige Vokalsymphonie Anteroom besondere Erwähnung verdient.

In seinem scheuklappenlosen Freidenkertum trifft sich seine Welt mit jener Wollnys, der Bleckmanns Gesang auf der Bühne elektronisch prozessiert, am Klavier umspielt und überraschungsreich weiterverarbeitet. Ein Abend für Abenteuerlustige! (DER STANDARD - Printausgabe, 14. Februar 2012)