Vivacom, zweitgrößter Handyfunker Bulgariens, dräut ein ungwisses Schicksal.

Foto: Standard/Matthias Cremer

Offiziell ist die Telekom Austria aus dem Verkaufsprozess für den zweitgrößten bulgarischen Telekomanbieter Vivacom draußen. Auf Druck der Gläubigerbanken könnte A1 vielleicht doch noch zurück.

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Wien - In der Telekom Austria (TA) gibt man die Hoffnung auf die weitere Expansion in Bulgarien nicht auf. Wohl kommen aus dem laufenden Verkaufsprozess für den vom Bankrott bedrohten Ex-Monopolisten Vivacom durch die Bank negative Signale für die TA. Allerdings habe die mit dem Verkauf betraute Investmentbank Morgan Stanley potenzielle Bewerber bis dato noch nicht zur Due Diligence nach Sofia geladen, gibt man sich zuversichtlich, doch noch mitmischen zu können.

Wirtschaftlicher Eigentümer von Vivacom ist de facto ein Konsortium von kreditgebenden Banken, angeführt von Royal Bank of Scotland (RBS), Deutsche Bank und Raiffeisen Bank International. Sie haben fast 1,7 Milliarden Euro aushaftend und somit ein vitales Interesse, den Fortbestand des liquiden, aber hochverschuldeten Festnetz- und Mobilfunkanbieters zu sichern. Rechtlicher Eigentümer ist der chinesische Unternehmer Richard Li, der aber kein Interesse habe, weiteres Geld in die 2004 privatisierte und mehrmals weiterverkaufte BTC einzuschießen.

Der von der TA, die in Sofia mit ihrem Ableger Mobiltel Mobilfunkmarktführer ist, verfolgte stufenweise Einstieg klingt kompliziert, wäre aber bei weitem nicht so kapitalintensiv wie eine Totalübernahme mit anschließendem Abverkauf der Mobilfunksparte. Von "zweistelligen Millionenbeträgen" ist dabei in TA-Eigentümerkreisen die Rede, die die ihrerseits eigenkapitalschwache TA aufwenden müsste. In einem ersten Schritt würde die TA, so die auch von Bankern verfolgte Idee, quasi als Finanzinvestor mit maximal 25 Prozent bei Vivacom einsteigen - und zwar nur beim Festnetzteil, den das Konsortium der "Senior-Lenders" in ein Joint Venture abspalten würde, an dem Banken und TA beteiligt wären. Den Mobilfunkteil, den die TA schon allein aus wettbewerbsrechtlichen Gründen nicht übernehmen dürfte, könnten die Gläubigerbanken weiterverkaufen und sich dabei zumindest eines Teils der Verbindlichkeiten entledigen. Die TA wiederum könnte den Festnetzteil restrukturieren und mit ihrer 2005 um 1,6 Milliarden Euro erworbenen Bulgarien-Tochter Mobiltel zusammenführen.

Vorausgesetzt, sie schafft es zurück in den Verkaufsprozess, in den der - seit Sommer von einem ausufernden Korruptionsskandal gebeutelte - A1-Konzern erst spät, nämlich im November 2011, eingestiegen war.

Die Zeit drängt. Am 17. Februar läuft die Frist ab, innerhalb derer Interessenten bei Morgan Stanley verbindliche Kaufangebote abgeben können. Als Interessenten wurden zuletzt Türk Telekom und Turkcell genannt sowie der bulgarische Banker und Medienmogul Tsvetan Vassilev. Dass eines der beiden türkischen Unternehmen den Zuschlag bekommt, halten Beobachter für ungewiss, bei beiden Unternehmen berichten Branchenkenner von Uneinigkeit zwischen einflussreichen Aktionärsgruppen, die bulgarische Gruppe könnte Kartellprobleme bekommen. Nun ist von einer Fristerstreckung die Rede.

Das wäre für A1-Telekom, die Marktgerüchte am Montag nicht kommentieren wollte, eine Chance. A1 hat bis dato nur ein Non-binding Offer abgegeben - mangels Due Diligence war die Causa bis dato nicht einmal im Aufsichtsrat. Auch dafür ist die Zeit fast schon zu knapp, die nächste Sitzung ist am 22. Februar. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.2.2012)