Paris - Die französische Staatsbahn SNCF sieht ihre Beteiligung an der österreichischen Westbahn, die seit Dezember die Strecke Wien-Salzburg bedient, als Test. Ob die Franzosen ihre Sperrminorität von knapp über 25 Prozent tatsächlich aufstocken wollen, wie in Österreich immer wieder kolportiert, darüber ließ sich die SNCF-Spitze nichts entlocken. Von der bisherigen Entwicklung des Projekts zeigt sich SNCF-Generaldirektor Guillaume Pepy jedenfalls "sehr beeindruckt".

Intercity-Verkehr wird neu erfunden

Durch die Westbahn werde der Intercity-Verkehr "neu erfunden", meint Pepy. Die ÖBB werde unter der Konkurrenz nicht leiden, sondern davon profitieren, ist der SNCF-Manager überzeugt. Im eigenen Land muss Konkurrenz im Bahn-Personenverkehr jedoch noch einige Jahre warten: In Frankreich wird der Wettbewerb im Personenverkehr auf der Schiene erst in einigen Jahren möglich. Hingegen ist der Frachtbereich schon geöffnet - hier verlieren die Franzosen Marktanteile an die Deutsche Bahn.

Falls die SNCF ihre Beteiligung an der Westbahn von 25,93 Prozent aufstocken wolle, brauche man dazu natürlich einen Partner, der seinen Anteil verkaufen wolle, erläuterte SNCF-Finanz- und Strategievorstand David Azema. Es brauche immer zwei Partner für ein Geschäft, meint Azema. Bei der Westbahn halten Strabag-Chef Hans-Peter Haselsteiner, Ex-ÖBB-Manager Stefan Wehinger und die Schweizer Augusta Holding die übrigen Anteile.

Das Busgeschäft der Westbahn über den Westbus, ein Tochterunternehmen der Westbahn-Mutter RailHolding, wäre in Frankreich jedenfalls nicht denkbar. Mittel- und Langstreckenbusverkehr ist in Frankreich nämlich verboten, erläuterte Jean-Pierre Farandou, Chef der Nah- und Regionalverkehrsgesellschaft SNCF Proximites. Eine Busgesellschaft würde der SNCF Passagiere wegnehmen.

Engagement in Italien

Die Franzosen stecken nicht nur in Österreich ihre Claims ab: In Italien halten sie 20 Prozent an der Gesellschaft NTV (Nuovo Trasporti Viaggatorii), die ab heuer Hochgeschwindigkeitszüge in Italien operativ betreiben will. Bei den Hochgeschwindigkeitszügen sieht sich die SNCF als führend in Technologie und Vermarktung in Europa. Die bereits 1981 gestarteten TGVs seien eine Erfolgsstory, die die Franzosen gerne auf andere Länder übertragen wollen. "Es kommt Dynamik in Europas Zuggeschäft", meint Pepy.

Unzufrieden ist die SNCF mit der EU: Brüssel schieße beim "Unbundling", der Entflechtung von Netz und operativem Betrieb, übers Ziel hinaus, so die wenig verhüllte Botschaft der Franzosen. Die EU vergesse den globalen Wettbewerb und konzentriere sich zu sehr auf den Wettbewerb innerhalb der EU-Grenzen. Wenn Europa auch in Zukunft globale Player wie die SNCF und die Deutsche Bahn (DB) haben wolle, dann dürften diese nicht mit uneffektiven Strukturen kämpfen müssen, wird von der Staatsbahn argumentiert.

Im Lobbying gegen Brüssels Bemühungen will die SNCF nun auf einen Schulterschluss mit der Deutschen Bahn setzen: Das DB-Modell eines "integrierten Konzerns" sei für die Franzosen das Vorbild. Die Trennung von der Infrastrukturgesellschaft RFF will die SNCF lieber heute als morgen wieder rückgängig machen. Zu viele Konfliktfälle hätten gezeigt, dass diese Struktur nicht das beste Modell für einen effektiven Bahnbetrieb sei. Außerdem sei eine eigene Infrastrukturgesellschaft kein Garant für fairen Wettbewerb: In Spanien gebe es trotz getrennter Strukturen einen komplett abgeschotteten Bahnmarkt. (APA)