Belmont/Washington - Misshandlungen während der Kindheit können messbare Spuren im Gehirn hinterlassen. Das haben US-Forscher in einer Studie mit 193 Erwachsenen nachgewiesen. Teilnehmer, die über Misshandlungen in der Kindheit berichteten, hatten im Vergleich zu anderen Probanden einen verkleinerten Hippocampus. Diese evolutionär gesehen sehr alte Hirnregion wird unter anderem mit Gefühlen und Gedächtnis in Verbindung gebracht. Die Wissenschafter um Martin Teicher von der Harvard Medical School (Belmont, Massachusetts) berichten in den "Proceedings" der US-Akademie der Wissenschaften (PNAS) über ihre Ergebnisse.

Teichers Team untersuchte 73 Männer und 120 Frauen im Alter von 18 bis 25 Jahren. Sie wurden nach Misshandlungen verschiedenster Art gefragt, etwa nach körperlicher Gewalt, sexuellem Missbrauch, Beschimpfungen und emotionaler Vernachlässigung, aber auch nach anderen Stressfaktoren wie Trennungen oder Probleme der Eltern. Von den Befragten hatten 46 Prozent keine Erfahrungen mit Misshandlungen gemacht, während 16 Prozent über drei oder mehr Formen an Gewalt berichteten. Ein Viertel der Studienteilnehmer hatte bereits eine Depression durchgemacht, auch andere psychische Störungen wurden erfasst.

Veränderter Hippocampus auch bei anderen Erkrankungen

Veränderungen im Hippocampus wurden laut Studie bereits bei einer ganzen Reihe von psychischen Erkrankungen beobachtet, beispielsweise bei Depressionen, Schizophrenie, Posttraumatischen Belastungsstörungen und Borderline-Störungen. In der aktuellen Studie waren bei Teilnehmern, die in der Kindheit misshandelt wurden, drei Schlüsselbereiche des Hippcampus um 5,8 bis 6,5 Prozent kleiner als bei den anderen Probanden. Teicher arbeitet am der psychiatrischen Klinik McLean Hospital, die zur Harvard Medical School gehört. (APA)