Wien - Die Beschwerde ist eingebracht, erklärt Peter Huemer dem STANDARD. Der Publizist, langjährige Diskussionsleiter (Club 2, Im Gespräch) und Protagonist der Plattform "SOS ORF" hat den Protest gegen Politeinfluss und Deals im ORF-Stiftungsrat initiiert, mit André Heller und ORF-Langzeitgeneral Gerd Bacher. 120 Unterschriften brauchten sie für die Popularbeschwerde ; 270 wurden es.
Die Medienbehörde muss nun in erster Instanz klären, ob der ORF und seine Räte das Gesetz verletzt haben. An zwei Punkten setzt die Beschwerde an:
- Fraktionen im Stiftungsrat Die Mitglieder des obersten ORF-Organs sind laut Gesetz "an keine Weisungen und Aufträge gebunden; sie haben ausschließlich die sich aus den Gesetzen und der Geschäftsordnung ergebenden Pflichten zu erfüllen". Dennoch besprechen rote und schwarze Stiftungsräte die Linie ihrer Partei vor Plenarsitzungen in Fraktionstreffen. Weil es im Rat offiziell keine politischen Fraktionen geben darf, nennt man sie verschämt "Freundeskreise". Die Beschwerdeführer sehen so "nicht nur den Geist, sondern eindeutig den Wortlaut des Gesetzes verletzt".
- Direktorenwahl Absprachen mit und Versprechungen an Stiftungsräte vor der Wahl von ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz und seinen Direktoren im Sommer 2011 greift die Beschwerde ebenfalls an. Die ORF-Journalisten etwa protestierten gegen Helmut Krieghofer (VP) und Betriebsrat Michael Götzhaber, die als Stiftungsräte Wrabetz wählten und die Wrabetz anschließend zum Landes- bzw. Technikdirektor nominierte. Sie kritisierten auch Thomas Prantner als Technikvize als freiheitlichen Wunsch und einen (nun formal nicht eingerichteten) Job für einen bürgerlichen Betriebs- und Stiftungsrat.
Die Beschwerde musste dieser Tage an die Behörde gehen: Das Gesetz lässt dafür sechs Wochen Zeit; als Stichtag nimmt die Beschwerde den Dienstantritt der neuen ORF-Geschäftsführung, also 1. Jänner 2012. Die Medienbehörde hat nun sechs Monate Zeit für eine Entscheidung.
Noch im Frühjahr steht ein Spruch zur Beschwerde der Privatsender an. Sie sehen das Gesetz mit der kommerziellen, verwechselbaren Programmierung insbesondere von ORF 1 verletzt. (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 13.2.2012)