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Der leidenschaftliche Brainstormer Christoph Thun-Hohenstein sieht klar, in welche Richtung er mit dem Mak bis 2015 gehen will.

Foto: APA/HERBERT NEUBAUER

STANDARD: Das Direktionsbüro wie auch die Mak-Homepage sehen aus wie bei Ihrem Vorgänger. Bleibt unter Ihrer Führung auch sonst alles beim Alten?

Thun-Hohenstein: Für die Homepage gibt es seit September eine eigene Taskforce, demnächst werden wir den ersten operativen Schritt setzen. Und hier im Büro würde ich nur das Kounellis-Bild austauschen. Aber ich komme nicht dazu, weil ich permanent in Besprechungen bin. Ich bin ein leidenschaftlicher Brainstormer. Nun sind wir so weit, dass wir klar sehen können, in welche Richtung wir bis 2015 gehen wollen.

STANDARD: Unter anderem planen Sie eine Neuaufstellung der Schausammlung, die vor ca. 25 Jahren durch Künstler gestaltet wurde. Was soll stattdessen kommen?

Thun-Hohenstein: Wir werden wieder mit Künstlern arbeiten und sind auch mit sehr interessanten Kunstschaffenden bereits in Verhandlungen. Es ist wunderbar, was damals gemacht wurde. Der einzig große Nachteil: Mit dem Moment der Eröffnung war es versteinert. Jetzt geht es darum, eine gewisse Offenheit einzubauen, die unserer Zeit entspricht. Wir wollen auch die Studiensammlung neu denken und arbeiten mit Architekten und Designern zusammen, um das Untergeschoß völlig neu zu gestalten. Es geht nicht nur um ästhetische, sondern um funktionale Fragen.

STANDARD: Bekommen Sie dafür ein Extrabudget?

Thun-Hohenstein: Ja. Ich bekomme von Bundesministerin Claudia Schmied, verteilt auf heuer bis 2014, mindestens 2,5 Millionen Euro Investitionsgelder.

STANDARD: Die morgen, Dienstag, eröffnende Ausstellung "Magie der Vielfalt" klingt, ehrlich gestanden, ein bisschen Wischiwaschi.

Thun-Hohenstein: Es ist ein Work in progress, keine von langer Hand konzipierte Ausstellung. Die Magie von Kunstwerken und deren breites Spektrum in der Mak-Sammlung ist die eine Seite, das Mak als angewandter Raum der Zukunft ein anderer. Wir wollen aufzeigen, was in einem Museum wie dem Mak passieren muss. Die verschiedenen Sparten der angewandten Kunst, vor allem Design und Architektur, müssen sich anderen Herausforderungen stellen als früher.

STANDARD: Ist die Unterscheidung in angewandte und freie Kunst heute überhaupt noch relevant? Die Secessionisten und die Wiener Werkstätte forcierten die Einheit der Künste, die Gleichstellung der freien mit der angewandten Kunst. Gehen Sie nun wieder einen Schritt dahinter zurück?

Thun-Hohenstein: Nein! Ein Weg führte zum Gesamtkunstwerk - und in gewisser Weise auch in eine Sackgasse; den anderen Weg beschritten etwa Adolf Loos oder Josef Frank auf der Suche nach neuen Inhalten und daher nach einem neuen, mündigen Menschen, der seine ästhetischen Entscheidungen individuell trifft. Beide Wege sind extrem relevant und müssen uns unter heutigen Vorzeichen beschäftigen. Wir gehen also keinen Schritt zurück, sondern verstehen uns weiterhin als Ort des Experiments. Wir bemühen uns um einen neuen Design-Begriff, einen, der weltanschaulich vertretbar, also auch ökologisch vorausschauend ist. Wie Nachhaltigkeit ein Thema der Kunst werden kann, wird alle großen Häuser beschäftigen. Unilever etwa hat die Tate Modern gebeten, im Rahmen ihrer Kooperation dieses Thema aufzugreifen.

STANDARD: Wie beurteilen Sie eine derartige Einmischung eines Sponsors ins Museumsprogramm?

Thun-Hohenstein: Im Rahmen einer mehrjährigen Zusammenarbeit ist es legitim, wenn der Sponsor einen thematischen Wunsch äußert. Jedes Museum muss dann für sich beurteilen, ob es diesem Wunsch Rechnung tragen kann.

STANDARD: Sie werden ab 21. März mit der Ausstellung "Erwartung und Erfüllung" Gustav Klimt zeigen, Sie werden Wien um 1900 aufarbeiten. Kommt in Ihren Plänen auch Gegenwartskunst vor?

Thun-Hohenstein: Ich bin fürwahr kein Gegner von Gegenwartskunstausstellungen. Es geht um das Gesamterscheinungsbild des Museums, da muss alles zusammenpassen und für Reibung sorgen. Diese Reibung ist wichtig. Schön brav reicht mir nicht.

STANDARD: Apropos Reibung: Hat Ihr Vorgänger Peter Noever noch Hausverbot?

Thun-Hohenstein: Nein! Ich sehe auch keinen Grund dafür. Peter Noever hat Großes für das Museum geleistet, er hat aus diesem Haus ein Weltklassemuseum gemacht, das wird auch unbestritten sein Verdienst bleiben.

STANDARD: Einer der Vorwürfe gegen Noever waren seine Reisen nach Los Angeles.

Thun-Hohenstein: Ich erachte die Mak-Aktivitäten in Los Angeles für sehr wichtig. Wir werden ab 2013 einen Schindler-Preis für Architektur vergeben und Rudolph M. Schindler noch sichtbarer machen. Ich werde so oft nach L. A. reisen wie nötig.

STANDARD: Wie schauen Ihre Pläne bezüglich des Cat (Contemporary Art Tower) im Arenbergpark aus?

Thun-Hohenstein: Wir haben ihn in Mak-Tower umbenannt, wollen ihn nächstes Jahr der Öffentlichkeit zugänglich machen und Ausstellungen kuratieren. Das Gebäude ist für Gegenwartskunst großartig, einen zweiten Ausstellungsraum wie diesen gibt es in Wien nicht. Wir arbeiten an kostengünstigen Lösungen, es darf nicht passieren, dass wir an den Betriebskosten verbluten.

STANDARD: Wie schaut es denn allgemein mit Ihrem Budget aus?

Thun-Hohenstein: Da wird viel zu tun sein, finanzielle Spielräume müssen durch Fundraising geschaffen werden. Dafür habe ich eine neue Stabsstelle gegründet, die seit Anfang Februar mit Simon Rees bekleidet ist.

STANDARD: Sind potenzielle Sponsoren nicht längst alle abgegrast?

STANDARD: Im Bereich angewandter Kunst und besonders zum Thema Gestaltung der Zukunft gibt es noch erhebliche Potenziale. Und wir schauen weit über Österreich hinaus. Mich interessieren Grenzen zwischen Kreativsparten nur insofern, als sie für die Effektivität sinnvoll sind. Sonst denke ich grenzenlos. (Andrea Schurian, DER STANDARD - Printausgabe, 13. Februar 2012)