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Stiller Protest in der baskischen Stadt Barakaldo: Demonstranten tragen ein Kreuz durch die Straßen, um ihre Empörung gegen die geplanten Einschnitte der Regierung auszudrücken.

Foto: Reuters/West

Spaniens Wirtschaftsminister Luis de Guindos hat eine "extrem aggressive Arbeitsmarktreform" ankündigt. Ein "historischer Wurf" sei nun gelungen, lobte sich Arbeitsministerin María Fátima Báñez, die gemeinsam mit Vizeregierungschefin Soraya Sáenz de Santamaria am Freitag die Eckpunkte darlegte: Eine Keule setzt man bei - wie von EU, EZB und dem IWF gefordert - den Lohnnebenkosten, vereinfachten Kündigungen und gekürzten Abfertigungszahlungen an. So sollen nur noch 33 Tageslöhne pro Arbeitsjahr (statt aktuell 45) ausbezahlt werden. Ist der Entlassungsgrund objektiv, sind es lediglich 20 Tage. Die Reform wirkt auch rückwirkend auf bestehende Verträge. Bankmanager, die ihre Institute schlecht geführt haben, verlieren jegliche Abfertigungsansprüche.

Hauptaugenmerk gilt der über die Krisenjahre besonders betroffenen jungen Generation, sowie Klein- und Mittelständischen Betrieben (KMU) und Selbständigen - die 90 Prozent der Arbeitsplätze stellen. Bei der ersten unbefristeten Neuanstellung von Arbeitslosen winken KMU 4000 Euro an Subventionen, bei der von unter 30-Jährigen 3000 Euro, sofern es deren erster Arbeitsplatz ist. Vereinfachte Lehr- und Praxisverträge sollen auch bestehende Hürden auf Unternehmerseite beseitigen.

Jungen Spaniern soll zudem die Gesamtsumme ihres Arbeitslosengeldes als Kapital zustehen, so sie den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. Experten kritisieren dies, da Firmengründungen nicht mit Mitteln der Existenzsicherung begangen werden sollten. Zudem hätten weniger als zwei Prozent der Neugründungen langfristig Bestand. Abstand nahm die Regierung in letzter Minute von gedachten "Mini-Jobs" für Junge.

Arbeitsministerin Báñez unterstrich, dass besonders Frauen vom Reformpaket profitieren würden. Denn es gelte die klaffende Gehaltsschere zwischen den Geschlechtern zu schließen, und Unternehmerinnen wie auch das Vereinen von Beruf und Familie zu fördern. Gleichzeitig gelte es, so die Arbeitsministerin, dauerhafte Anstellungen zur Regel zu machen. Temporäre Anstellungen dürfen fortan nicht länger als 24 Monate aneinandergereiht werden. Um Arbeitslose rascher vermitteln zu können, sollen private Zeitarbeitsfirmen und staatliche Arbeitsämter fortan eng kooperieren. Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten dürfen bestehende Verträge modifizieren, wenn sie von Entlassungen absehen. Gegen betrügerische Bezüge bei Arbeitslosenzahlungen, der in Spanien hohen Zahl an unentschuldigten Krankenstandstagen, und die wachsende Schwarzarbeit soll massiv vorgegangen werden.

Die Gewerkschaften kündigten bereits Widerstand gegen die aus ihrer Sicht kontraproduktive Reform an. Spanien hat mit 22,85 Prozent die höchste Arbeitslosenquote in der EU. Mehr als fünf Millionen Menschen sind ohne Job. Nahezu jeder zweite Jugendliche unter 25 Jahren ist betroffen.(Jan Marot aus Granada, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 11./12.2012)