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Ankunft in Bagdad: irakische Flüchtlinge bei der Rückkehr aus Syrien

Foto: Reuters//Saad Shalash

Die humanitäre Krise und die Gewalt in Syrien treffen auch eine fast vergessene Gruppe: die irakischen Flüchtlinge. Sie stehen davor, genau das in Syrien wieder zu erleben, wovor sie aus dem Irak geflohen sind: einen Bürgerkrieg. Bis zu 1,5 Millionen Iraker und Irakerinnen haben in den schlimmsten Jahren bis 2007 in ihrem Nachbarland Zuflucht gefunden. Es sind überdurchschnittlich viele Christen darunter, die vor dem wachsenden Islamismus im Irak - sunnitisch und schiitisch gleichermaßen - in die religiös tolerante syrische Gesellschaft flüchteten. Irakische Sunniten und Schiiten nahmen jedoch auch oft ihre konfessionellen Konflikte in ihr Gastland mit, und heute gibt es diese auch in der Gesellschaft, die sie aufgenommen hat. 

Viele Iraker entscheiden sich deshalb, trotz aller Bedenken, ob ihr Herkunftsland wieder sicher genug ist, zurückzugehen. Tatsächlich wuchs 2011 der Rückkehrerstrom in den Irak stetig, mit 28.230 bis Ende September Syrien-Flüchtlingen gingen in den 12 Monaten zuvor so viele zurück, wie vorher innerhalb von zwei Jahren. Es ist anzumerken, dass diese Zahlen niemals vollständig sind: Nur ein kleiner Teil der irakischen Flüchtlinge in arabischen Ländern wurde vom Uno-Flüchtlingshilfswerk UNHCR erfasst und betreut. Im August 2011 wurden von der Uno 168.765 irakische Flüchtlinge in Syrien gezählt, in Wahrheit sind es viel mehr. Durch die unkomplizierte Aufnahme in Syrien bekam die Flucht für viele Iraker den Charakter einer wenngleich schmerzlichen Übersiedlung, die alleine, ohne Hilfe der internationalen Gemeinschaft, bewältigt wurde. 

Angesichts der Unsicherheit der irakischen Zukunft nach dem Abzug der US-Truppen aus dem Irak wollen jedoch nicht alle Iraker zurück, und nicht so wenige setzen weiter auf das Regime von Bashar al-Assad: Die sind auch oft bei Proregime-Kundgebungen anzutreffen. Dadurch, dass sie gegen die Demonstranten Partei ergreifen, machen sie sich erst recht wieder verletzlich. Es sind immer wieder die gleichen Bruchlinien: Die Sunniten im Irak und unter den irakischen Flüchtlingen könnten mit einem Empowerment der Sunniten nach Abgang der alawitischen Minderheitenherrschaft gut leben, die Schiiten fürchten, dass dadurch die Sunniten im Irak - eine Minderheit, die von Saddam Hussein im Glauben bestärkt wurde, sie seien die Mehrheit - mehr oder gar zurück an die Macht wollen. Und die Christen fürchten den wachsenden Extremismus. 

Besonders betroffen sind auch jene irakischen Flüchtlinge, die in Syrien auf ihre Auswanderung in die USA warten. Ungefähr 10.000 Iraker sind laut New York Times auf einer Liste von Personen, die bereits von den US-Einwanderungsbehörden beziehungsweise Beamten des Department of Homeland Security interviewt werden sollten. Weitere 20.000 haben ein Visum beantragt. Aber die Homeland Securty hat ihre Aktivitäten in Damaskus aus Sicherheitsgründen eingestellt, und Interviews via Videokonferenz lehnen die US-Behörden ab. Neue Sicherheitsvorschriften - die erlassen wurden, als in Kentucky zwei irakische Einwanderer entdeckt wurden, die im Irak mit Aufständischen zusammengearbeitet hatten - bremsten den irakischen Einwandererstrom in die USA bereits 2011, als Visa für gut 9000 Personen ausgestellt wurden, nach 18.000 im Jahr davor. Nun wird er völlig versiegen - was den USA ganz recht kommen mag, die sich erst nach schwerer Kritik überhaupt entschlossen hatten, Menschen aus dem Irak aufzunehmen. 

Der Irak hat ein kompliziertes Verhältnis zu Syrien: Auch im Irak herrschte, wie in Syrien noch immer, bis 2003 nominell die Baath-Partei - nominell deshalb, weil ja Saddam Hussein die Partei verkörperte, die keinerlei eigene Macht hatte. Nach dem Sturz Saddams 2003 beschuldigten die USA und die irakischen Schiiten das syrische Regime, die syrisch-irakische Grenze für sunnitische Jihadisten offen zu halten, die im Irak gegen die USA und die neue irakische Führung kämpfte. Heute bezieht jedoch der irakische Premier Nuri al-Maliki in der Arabischen Liga Stellung für Assad und gegen den Aufstand in Syrien: Wie schon gesagt, behagt ihm als irakischer Schiit die Vorstellung eines sunnitisch regierten Nachbarlandes, das stark unter saudi-arabischem Einfluss stehen wird, gar nicht. Und Malikis Freunden in Teheran ebensowenig.