In Rodins Figuren gibt es Spannung, Linie und Fluss: Qualitäten, die der Choreograf Russell Maliphant in seiner brandneuen Arbeit "The Rodin Project" mit den Mitteln des Hip-Hop auf die Bühne bringt.

Foto: MacMillan

Rodin und Hip-Hop. Skulpturen und Breakdance. Passt das zusammen? Der aus Kanada stammende britische Choreograf Russell Maliphant zeigt im Festspielhaus St. Pölten, dass es nicht nur passt, sondern auch, dass eines das andere geradezu herausfordert.

Eigentlich hätte The Rodin Project, das gerade am 31. Jänner im Pariser Théâtre National de Caillot uraufgeführt worden ist, erst in der nächsten Saison ans Festspielhaus kommen sollen. Doch Akram Khans Stück Desh, das an dem Abend "Sadler's Wells presents" hätte gezeigt werden sollen, fällt wegen einer Verletzung des Choreografen aus.

Statt dessen wird nun eine weitere brandneue Produktion aus Sadler's Wells' stets glühendem Tanzofen gezogen, in der sich Maliphant an die schwierige Aufgabe wagt, den weltberühmten Bildhauer - dessen Skulptur Der Denker zu einem Teil des kollektiven Gedächtnisses zumindest der westlichen Kultur geworden ist - zum Tanzen zu bringen.

Leicht war das nicht. "Ich habe mich in Rodins Arbeit verliebt, als ich das Pariser Rodinmuseum zum ersten Mal betreten habe", berichtet der Choreograf einer englischen Zeitung. "Ich hatte das Gefühl, es gibt in Rodins Figuren so viele Qualitäten - die Spannung, die Linie, den Fluss -, die ich im Tanz nutzen kann. Aber als ich an dem Stück zu arbeiten begann, wurde mir klar, dass einige seiner Skulpturen so massiv und geerdet sind, dass ich ihr Gewicht nicht in meine Bewegungen hineinbringen konnte." Was tun? Die richtige Idee kam, als Maliphant die Breakin' Convention, Londons Straßentanzfestival, besuchte. Dort entdeckte er an dem Breaktänzer Dickson Mbi, wie es weitergehen konnte: Die Art, mit der Schwerkraft umzugehen, das "freezing" und die durch den Körper fließenden Bewegungswellen.

So wird diesmal seine weiche, konzentrierte Art zu tanzen - die dem Publikum bereits von Maliphants letztem Festspielhaus-Auftritt zusammen mit Sylvie Guillem bekannt ist - mit den teils harten Bewegungsmaterialien aus dem Hip-Hop konfrontiert.

Maliphant kooperiert auch diesmal mit dem auf Tanz spezialisierten britischen Lichtdesigner Michael Hulls, der seine Talente schon bei den Festspielhaus-Gastspielen Afterlight und Push eingesetzt hatte. Die Künstler Hellicar & Lewis werden Farben auf die Tänzerkörper projizieren, und die Musik stammt einerseits von Meyerbeer, Massenet und Gluck, sowie zum anderen von dem zeitgenössischen russischen Komponisten und Cellisten Alexander Zekke.

Sechs Tänzer dringen im opulenten Bühnenbild von Es Devlin tief in die emotionalen Qualitäten der Rodin'schen Werke ein: Im ersten Teil des Stücks sind die Aquarelle des Künstlers, im zweiten Teil das skulpturale Werk Ausgangspunkte für das Bühnengeschehen.

Nach der einzigen Aufführung am 18. Februar um 19.30 Uhr gibt es auch noch ein Stück der Company of Elders zu sehen: Das wird eine lange Nacht des Tanzes. (Helmut Ploebst, DER STANDARD - Printausgabe, 10. Februar 2012)