Die Reise einer FPÖ-Delegation nach Tschetschenien (derStandard.at berichtete) sorgt für Aufregung und Kritik in Wien. Die FPÖ-Politiker Johannes Hübner und Johann Gudenus haben in Grosny in den vergangenen Tagen den umstrittenen Präsidenten Ramsan Kadyrow getroffen. Der FPÖ ging es bei dem Besuch auch um eines ihrer Wahlkampfthemen, der Rückführung der tschetschenischen Flüchtlinge aus Österreich in den Kaukasus-Staat. Die Freiheitlichen wollten sich offenbar ein Bild von der Sicherheitslage machen.

Johannes Hübner kommt im ORF-Mittagsjournal zu dem Schluss: "Dass es unzumutbar wäre, nach Tschetschenien zurückzukehren, weil die Lage so schlimm ist, es keine ärztliche Versorgung und keine Schulen gibt, alles das ist, glaube ich, nicht haltbar, das hält einer Untersuchung vor Ort nicht stand."

FPÖ sieht in der Reise einen "Erfolg"

Johann Gudenus berichtet in einer Aussendung, dass man sich bei der Reise eine Bild von der "Situation der dortigen Bevölkerung und die Einhaltung der Menschenrechte" machen wollte. Die Reise erfolgte auf Einladung des Regionalparlaments in Tschetschenien. Die Freiheitlichen verbuchen die Reise als "Erfolg", da Kadyrow laut  ihren Angaben "Wirtschaftsflüchtlinge" zurückholen möchte. "Er hofft, dass sich viele Tschetschenen entschließen, aus der bequemen sozialen Hängematte in Österreich aufzustehen und mitanzupacken. Kadyrow würde jedem Rückkehrer sogar eine Wohnung zur Verfügung stellen", wird Hübner in der Pressemitteilung zitiert. Gudenus sieht sich durch die Reise in der Ansicht bestätigt, dass "die Tschetschenen bei uns fast ausschließlich Asylbetrüger und Wirtschaftsflüchtlinge" seien.

Außenministerium: FPÖ-Außenpolitik absurd

Das Außenministerium merkte auf Anfrage der APA an, dass "die FPÖ-Außenpolitik absurd" sei und "ohne jegliche außenpolitische Relevanz". Zudem wird betont, dass das Außenamt nicht über die Reise informiert war und die FPÖ-Abgeordneten "nicht in Vertretung der Republik Österreich" reisten. Das Innenministerium wollte die Reise nicht kommentieren. Laut "Presse" soll eine Delegation des Innenministeriums Tschetschenien im Vorjahr einen Besuch abgestattet haben.

Pilz verlangt Aufklärung

Der Sicherheitssprecher der Grünen, Peter Pilz, kommentierte in einer Aussendung: "Offenbar gibt es Geheimkontakte zwischen dem tschetschenischen Regime und der FPÖ mit dem Ziel, die tschetschenischen Flüchtlinge in Österreich an den Diktator in Grosny auszuliefern." Die FPÖ-Politiker hätten sich in Grosny mit zwei der Mordverdächtigen im Fall des Wiener Tschetschenen-Mordes getroffen. Pilz verlangt eine Erklärung und die sofortige Einberufung des Außenpolitischen Ausschusses zur Klärung etwa der Frage: "Welche geschäftlichen Beziehungen gibt es zwischen den Regimes in Grosny, Moskau und Kiew und freiheitlichen Politikern?"

Der aus seiner tschetschenischen Heimat geflüchtete Asylwerber Umar Israilow war am 13. Jänner 2009 auf offener Straße in Wien-Floridsdorf erschossen worden. Der Staatsanwaltschaft Wien zufolge handelte es sich dabei vermutlich um eine von Kadyrow in Auftrag gegebene Tat. Der 27-jährige Israilow hatte gegen Kadyrow ein Verfahren wegen Foltervorwürfen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) betrieben. (red, APA, derStandard.at, 8.2.2012)