Bild nicht mehr verfügbar.

Der neue Konzern soll die ganze Wertschöpfungskette im Rohstoffgeschäft abdecken, vom Abbau bis zum Transport und Verkauf der Bergbauprodukte.

Foto: Reuters/Romina Amato

London - Ivan Glasenberg sieht sich am Ziel. Die vereinbarte Mega-Fusion mit dem Bergbaukonzern Xstrata lässt den sonst so diskreten Chef des Rohstoffhändlers Glencore jubeln: "Wir haben die fantastische Möglichkeit, ein neues Kraftwerk in der globalen Rohstoffindustrie zu schaffen." Mit dem Zusammenschluss entsteht ein neuer Riese, der nicht nur so ziemlich alles aus der Erde holt, was die Welt benötigt, sondern damit auch handelt. Ein in dieser Größe bisher nicht gekanntes Geschäftsmodell, dass die gesamte Branche nach Einschätzung von Experten verändern könnte.

Das neue Unternehmen verspricht sich durch den Zusammenschluss mehr finanzielle Möglichkeiten. Die Ratingagentur Moody's deutete bereits an, dass sich die Fusion positiv auf die Einschätzung der Kreditwürdigkeit auswirken werde. Die Wettbewerbsfähigkeit werde sich verbessern. Beide Konzerne kommen zusammen auf rund 210 Mrd. Dollar Umsatz, 130.000 Beschäftigte, Repräsentanzen in 40 Ländern und 101 Minen in 33 Staaten. Hinzu kommen rund 200 Hochseeschiffe und einige Häfen.

Zustimmung der Wettbewerbsbehörden

Ob das Geschäft aber tatsächlich wie geplant kommt, hängt vor allem vom Votum der Wettbewerbsbehörden ab. Von Australien über China und Südafrika bis hin nach Deutschland und in die USA dürfen die Kartellämter mitsprechen. Zuletzt machten die Aufseher etwa einer engeren Kooperation der Erzkonzerne BHP Billiton und Rio Tinto einen Strich durch die Rechnung. Bei Glencore und Xstrata sieht es dagegen nach Einschätzung von Experten besser aus, da beide Unternehmen zusammen bei keinem Rohstoff auf mehr als 25 Prozent Marktanteil kommen. Es könnte im Gegenteil sogar zu einer Belebung des Wettbewerbs kommen.

Dagegen kündigten zwei einflussreiche Aktionäre bereits Widerstand an - sie lehnten den von Glencore gebotenen Preis als zu gering ab. Die beiden Investmentfirmen, die laut britischen Medienberichten zusammen weniger als 4 Prozent an Xstrata halten, könnten den Deal aber nur verhindern, wenn sie noch mehr Anteilseigner auf ihre Seite ziehen.

Stahlbranche hofft auf Belebung

Auf eine Belebung auf dem Eisenerzmarkt hofft etwa die Stahlbranche seit langem. Dort machen die großen Drei - BHP Billiton, Rio Tinto und Vale - rund zwei Drittel des Geschäfts und können nach Ansicht ihrer Kunden, die Spielregeln bestimmen. Glencore-Xstrata könnte hier eindringen, wird in der Branche bereits gemutmaßt. Eisenerz spielt bei beiden bisher noch keine große Rolle. Xstrata war bisher besonders bei Kohle für Kraftwerke, Kupfer und Zink besonders stark.

Investoren von anderen Bergbauunternehmen hoffen zudem, dass Glencore-Xstrata weitere Zukäufe angeht. Als mögliches Ziel gilt etwa immer wieder der britisch-südafrikanische Rohstoffförderer Anglo American, der vor allem als Großaktionär des Diamantenunternehmens De Beers bekannt ist. Xstrata hatte bereits 2009 versucht, Anglo zu übernehmen und war damit gescheitert.

Aber auch viele kleine, unbekannte Bergbauunternehmen hoffen, dass der neue zahlungskräftige Konzern ein Auge auf sie wirft. Die Rohstoffförderung gilt zwar angesichts des immer größeren Rohstoffhungers in China und anderen Schwellenländern als sehr lukrativ, doch sie wird auch immer teurer. Denn viele einfach zu erschließende Minen sind längst ausgebeutet. Das Erschließen einer neuen Abbaustätte ist daher für viele kleine Firmen einfach nicht mehr bezahlbar.

Skrupellose Geschäfte

Mit dem Geschäftemachen in entlegenen Regionen und politisch heiklen Staaten kennt sich Glencore bestens aus. Das Unternehmen wurde 1974 vom US-Amerikaner Marc Rich gegründet. Er hatte keine Skrupel vor Geschäften im Iran, in Kuba oder mit dem südafrikanischen Apartheid-Regime. In seinem Heimatland drohten ihm einst mehr als 300 Jahre Gefängnis wegen Steuerschulden und schmutziger Geschäft. Er fand Unterschlupf in der Schweiz.

Auch nachdem Rich 1994 aus dem Unternehmen gedrängt wurde, blieb es eine Schattenmacht, das im Verborgenen groß und mächtig wurde. Umwelt- und Menschrechtsorganisationen kritisierten immer wieder die Geschäftspraktiken. Erst mit dem Börsengang im vergangenen Jahr versuchte sich Glencore, transparenter zu geben. So veröffentlichte das Unternehmen beispielsweise erstmals einen Nachhaltigkeitsbericht, aus dem hervorging, dass das Unternehmen höhere Strafen wegen Verstößen etwa gegen Umweltauflagen zahlen musste als Konkurrenten wie BHP und Rio Tinto. Der Zusammenschluss bietet für das neue Unternehmen die Chance zu beweisen, dass es mit sauberen Methoden Geld verdient. (APA)