Claudio Magris, "Das Alphabet der Welt. Von Büchern und Menschen". Deutsch von Ragni Maria Gschwend. € 22,60 / 302 Seiten. Hanser, München 2011

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Egal, wo man beginnt in dieser Sammlung, man stößt auf Bedenkenswertes mit Fenstern zu Fragen, die auf der Tagesordnung stehen. Zum Beispiel auf die "Idee, dass die Ökonomie die notwendige Wissenschaft ist, um das Haus zu verwalten und damit dem, der darin wohnt, zu erlauben, nach seinen Bedürfnissen zu leben".

Das ist nun doch kein Zufall, denn Claudio Magris schreibt es, Aristoteles zitierend, in einem Essay über den "Antikapitalismus in der österreichischen Literatur", und der Leser mag sich diesem Kapitel in der Sammlung Das Alphabet der Welt als erstem gewidmet haben. Mit Gewinn, denn der im postmonarchischen Triest geborene italienische Autor und Mitteleuropa-Kenner leitet das Besondere jener Literatur überzeugend her: Sogar der von Neoliberalen so geschätzte Schumpeter habe ein von Geschäften aufgezehrtes Leben als entleert und hoffnungslos angesehen.

Rund drei Dutzend Einwürfe zu Büchern und Menschen aus den vergangenen 15 Jahren, meist im Corriere della sera erstveröffentlicht, sind hier zu einer wunderbaren Reise durch die Literatur und ihre Nachbarbezirke gebündelt, beginnend bei Brecht, von Robinson Crusoe bis zum Da Vinci Code immer wieder Bestseller im Visier. Auch wenn sie selbst keiner wird: Lust auf neue Lektüre, auf unbekanntes Territorium macht die Sammlung umso mehr. (Michael Freund/ DER STANDARD, Printausgabe, 4./5.2.2012)