April, Mai oder Juni sind also die Monate, in denen laut Pentagonchef Leon Panetta ein israelischer Luftangriff auf die iranischen Atomanlagen wahrscheinlich ist. Tatsächlich liegt wieder einmal eine Deadline in der Luft. Sie ist nicht die erste - so war eine der Lehrmeinungen bis 2010, dass Israel den Iran angreifen würde, bevor das Kraftwerk Bushehr mit Brennstäben beladen wird. Bushehr hat zwar nichts mit dem umstrittenen Uran-Anreicherungsprogramm zu tun, aber man ging davon aus, dass Israel den Reaktor ebenfalls mit ausschalten wollte. Bekanntlich blieb Israels Luftwaffe zu Hause, aber Irans Atomprogramm, inklusive Bushehr, war Ziel eines Cyberwar-Angriffs, der den Iran ein gutes Jahr beschäftigte.

Die Folgen dieses Angriffs dürften jetzt weitgehend überwunden sein, der Iran verkündet Durchbrüche auf dem Weg zur Beherrschung des vollen nuklearen Brennstoffkreislaufs. Und der Bestand an niedrig angereichertem Uran wächst kontinuierlich. Vor allem jedoch ist der Iran dabei, seine 20-Prozent-Anreicherung in der Anlage von Fordow unterirdisch in Sicherheit zu bringen.

Dem Handlungsbedarf, der sich nach israelischer Sicht daraus ergibt, steht jedoch die Kosten-Nutzen-Rechnung eines Angriffs gegenüber. Die Bilanz wäre laut Meinung der allermeisten Experten negativ. Aber sogar die Angriffsdrohung birgt ihre Gefahren. Sie könnte die iranische Entscheidung, eine Bombe zu bauen, beschleunigen. (DER STANDARD, Printausgabe, 4.2.2012)