Jonathan Soriano rückt Andrés Iniestas Nummer nicht raus

Foto: GEPA/Red Bull Salzburg

Standard: Sind Ihnen Mattersburg, Kapfenberg und Wiener Neustadt ein Begriff?

Soriano: Nein, noch nie gehört. Was ist das?

Standard: Das sind Städte in Österreich mit Fußballmannschaften. Sie werden dort hinfahren und gegen diese Teams spielen.

Soriano: Interessant, ich freue mich darauf. Ich kenne vom Namen her nur Rapid, Austria und Sturm Graz. Aber man darf niemals einen Gegner unterschätzen.

Standard: Hätte Ihnen vor einem Jahr jemand gesagt, Sie würden bald in Österreich kicken, was hätten Sie geantwortet?

Soriano: Vermutlich nichts. Aber man soll im Leben nichts ausschließen. Vor sechs Monaten gab es den ersten Kontakt mit Red Bull Salzburg. Das Projekt, die Strukturen haben mich fasziniert. Mir gefällt, dass man etwas aufbauen und an die Spitze kommen will. Ich möchte Titel gewinnen. In Österreich und in Europa.

Standard: Besteht die Gefahr, dass Sie zu gut für die österreichische Bundesliga sind?

Soriano: Nein. Dieses Denken ist mir völlig fremd, ich halte überhaupt nichts von Arroganz. Die anderen Spieler sind mindestens genauso wichtig, ich bin nur Teil einer guten Mannschaft, die erfolgreich sein möchte.

Standard: Wie würden Sie sich charakterisieren?

Soriano: Ich bin ruhig. Auf dem Platz und abseits davon. Ich verbringe die Freizeit am liebsten mit meinen beiden kleinen Töchtern. Ich bin ein Familienmensch, kein Partytiger.

Standard: Schaut man in die Biografie, fällt auf, dass Sie in Ihrer Jugend sehr viel Tore geschossen haben. Im spanischen U17-Team trafen Sie in 15 Partien 18-mal. Der Sprung in die Erste Liga hat sowohl bei Espanyol als auch beim FC Barcelona nicht geklappt. Weshalb?

Soriano: Bei Espanyol war ich noch sehr jung. Mein Konkurrent um den Stammplatz war Tamudo, der war damals einer der besten Fußballer Spaniens. An dem wären auch andere nicht vorbeigekommen. Aber in Barcelona hatte ich drei gute Jahre.

Standard: Trotzdem. Bin ich bei Barcelona B, möchte ich doch zu Barcelona A, zur weltbesten Mannschaft. Der Traum, mit Messi, Iniesta und Xavi zu spielen, ist geplatzt.

Soriano: Sie waren nahe, aber doch weit weg. Hin und wieder durfte ich mit ihnen spielen. Das war einerseits ein Traum, andererseits war es völlig normal. Ich hatte ja täglich Kontakt.

Standard: Mussten Sie demnach binnen kürzester Zeit akzeptieren, dass es Bessere gibt?

Soriano: Ja, das trägt zur Erdung und Normalität bei. Aber es ist kein Grund, zu resignieren. Es ist keine Schande, schlechter als Messi zu sein.

Standard: Was kann man von Größen wie Messi, Xavi oder Iniesta lernen?

Soriano: Sie sind völlig normal, freundlich, charakterfest, überhaupt nicht abgehoben. Man schaut ihnen zu und versucht, fußballerisch zu profitieren, die Dinge nachzumachen.

Standard: Was ist das Faszinierende am FC Barcelona?

Soriano: Es herrscht gegenseitiger Respekt, schon die Neunjährigen werden gleich behandelt. Es ist egal, ob du Messi oder ein Kind, Verteidiger oder Stürmer bist. Bei jeder Handlung ist viel Herz dabei. Und die Trainer sind hervorragend ausgebildet, der Klub hat eine Linie und soziale Kompetenz.

Standard: Haben Sie die Handynummern von Messi, Xavi und Iniesta?

Soriano: Nur die von Iniesta. Aber Iniesta hat die Telefonnummern von Messi und Xavi. Tut mir leid, ich kann sie nicht weitergeben.

Standard: Ist Messi der perfekte Fußballer?

Soriano: Messi ist dreimal hintereinander Weltfußballer geworden, also muss er perfekt sein. Er ist ein guter Bursche, hat Herz, ist leise. Er lässt, wenn er dribbelt, den Ball sprechen. Ich rede auch wenig, gute Fußballer kommunizieren ohne Worte. Blicke genügen. Du musst nur richtig schauen, das spart blablabla.

Standard: Wie schaut es mit Ihren Deutschkenntnissen aus?

Soriano: Guten Morgen. Guten Abend. Gute Nacht. Grüß Gott. Mahlzeit. Tempo. Hallo. Tor. Wie bitte.

Standard: Mittlerweile spielen acht Spanier in Österreich. Hat das möglicherweise auch wirtschaftliche Hintergründe? Es wird pünktlich gezahlt.

Soriano: Das weiß ich nicht. Salzburg glaubt an mich, ich habe das für mich genau analysiert, darum bin ich da. Ich will neue Erfahrungen machen. Vielleicht werde ich mit meinen Landsleuten Kontakt aufnehmen, aber erst muss ich mich hier voll integrieren.

Standard: Dass Red Bull Salzburg niemals Barcelona werden kann, ist Ihnen aber schon klar?

Soriano: Natürlich weiß ich das. Aber man muss Visionen haben.

Standard: Sie sind 26 Jahre alt und haben bis Juni 2015 unterschrieben. Ist Salzburg Zwischen- oder schon Endstation?

Soriano: Das lasse ich alles offen. Es kommt darauf an, wie sich die Dinge entwickeln.

Standard: Was waren Ihre ersten Eindrücke von Salzburg?

Soriano: Sehr schön, sehr kalt.

Standard: Wovon träumen Sie?

Soriano: Ich möchte später einmal Modedesigner werden.

Standard: Sagt Ihnen der Name Hans Krankl etwas?

Soriano: Nein. Wer ist das?

Standard: Ein Österreicher, der 1978 von Rapid zu Barcelona ging und Schützenkönig wurde.

Soriano: Wirklich? Toll. Aber damals war ich leider noch nicht auf der Welt.

Standard: Am 11. Februar geht die Meisterschaft los. Was erwarten Sie vom Spiel bei Wacker Innsbruck?

Soriano: Drei Punkte.

(DER STANDARD Printausgabe, 4./5.2.2012)