Bern - Im Vergleich zu Kindern, die keine Muttermilch erhalten haben, weisen Kinder, die während vier Monaten oder länger an der Brust gestillt worden sind, bessere Lungenfunktionswerte im Schulalter auf. Zu diesem Schluss gelangt eine vom Schweizerischen Nationalfonds unterstützte Studie.

Eigentlich ist es ganz einfach: Stillen besitzt viele Vorteile für die Neugeborenen, Frauen und die Gesellschaft. Doch vor einigen Jahren sind Daten aus den USA erschienen, die nahelegten, dass Kinder stillender asthmakranker Mütter einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, später selber an Asthma zu erkranken. Sollten Mütter mit Asthma ihre Kinder also besser nicht stillen?

Nun entkräftet die Forschungsgruppe um Claudia Kühni vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin der Universität Bern diese Bedenken. Die Forschenden haben umfassende Gesundheitsdaten von 1458 Schulkindern aus Grossbritannien ausgewertet und schließen in ihrer soeben veröffentlichten Untersuchung, dass auch die Milch von Müttern mit Asthma - auf bisher noch unbekannte Weise - die Durchgängigkeit der Atemwege der Kinder günstig beeinflusst.

Größere Lunge

Bei den 273 Kindern, deren Mütter an Asthma leiden, zeigt sich sogar, dass sich das Stillen nicht nur auf die Freiheit des Atmens, sondern auch auf die Größe der Lunge auswirken könnte: Die Kinder hatten im Schnitt ein umso größeres Atemzugvolumen, je länger sie gestillt wurden.

Aufgrund ihrer statistischen Auswertungen scheint es den Forschenden unwahrscheinlich, dass diese Wirkung nur auf die in der Milch enthaltenen Abwehrstoffe zurückzuführen ist. Diese reduzieren zwar die Häufigkeit von Atemwegsinfekten in den ersten Lebensjahren und wirken sich so positiv auf die Lungenfunktion aus, doch sie erklären nur einen Teil des beobachteten Zusammenhangs zwischen Stilldauer und Lungenfunktion.

Hormonelle oder mechanische Stimulation

"Deshalb denken wir, dass auch ein direkter Effekt auf die Lunge besteht", sagt Kühni. Vielleicht enthält die Muttermilch hormonähnliche Substanzen, die das Wachstum und die Widerstandsfähigkeit der Lunge fördern. Oder vielleicht werden die Lungen beim Saugen an der Brust - was deutlich anstrengender ist als das Trinken aus der Flasche - mechanisch stimuliert. "Dies sind im Moment noch Spekulationen", betont Kühni.

Die gemessenen Verbesserungen in den Lungenfunktionswerten sind relativ klein und nicht für alle Kinder klinisch relevant. Hingegen sprechen diese Daten deutlich gegen eine durch Muttermilch verursachte Verschlechterung der Lungenfunktion. "Wir empfehlen also weiterhin allen Frauen das Stillen, insbesondere auch solchen, die an Asthma leiden", so Kühni. (red)