Was immer am Mittwochabend in Port Said genau geschehen ist: Die Toten im Fußballstadion werden von beiden Seiten vereinnahmt. Die herrschende Militärs können ihre Behauptung untermauern, dass jene Kräfte, die gegen sie opponieren - dazu gehören die Fußball-Ultras -, Unordnung und Tod bringen. Die implizite Frage des Militärrats an die Ägypter lautet: Wollt ihr wirklich, dass wir uns zurückziehen und Ägypten den Chaoten überlassen? Genau darauf stützen sich wiederum die Verschwörungstheorien jener Revolutionsbewegungen, die nach Mubarak die Militärs stürzen wollen: Hat nicht Militärratschef Tantawi gesagt, dass für Rowdytum der Ausnahmezustand gilt? Da hat er eben nachgeholfen ...

Das Verhältnis von Ursache und Wirkung wird, wie immer, komplexer sein. Aber viele Ägypter und Ägypterinnen sind zutiefst verunsichert und enttäuscht von den Ergebnissen der Revolution und stehen hilflos vor der Zukunft. Daran muss doch jemand schuld sein: das alte Regime, das neue Regime, die Revolutionäre, das Ausland.

Selbstverständlich macht das Totalversagen der Sicherheitskräfte stutzig. Aber so naiv sind die herrschenden Kräfte eher nicht, dass sie glauben, ihre Macht absichern zu können, indem sie ausgerechnet eine Hetzjagd auf den Fußballklub beginnen, den viele Ägypter durch alle Alters- und Sozialschichten als nationale Institution betrachten. Das wäre ein Schuss, der nach hinten losgehen könnte. (DER STANDARD-Printausgabe, 03.02.2012)