Wien - Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde
(IKG), Ariel Muzicant, appelliert nun an die Abgeordneten im
Nationalrat um Unterstützung für seine Forderung nach finanziellen
Mitteln für seine Gemeinde. In einem am Dienstag veröffentlichten
"Offenen Brief" an die Parlamentarier ersucht er um Zustimmung zu dem
Antrag der Opposition, die eine jährliche finanzielle Unterstützung
für die IKG einfordert.
Muzicant: "Wir wenden uns in dieser schicksalshaften Stunde daher
an alle demokratischen Parteien dieses Landes mit dem dringenden
Appell, der Kultusgemeinde zu Hilfe zu eilen und den im Parlament
eingebrachten Abänderungsantrag zur Existenzsicherung der jüdischen
Gemeinde zu unterstützen. Ihre Stimme ist entscheidend!"
"Schicksalhafte Stunde"
Nach 1945 sei es vorerst "undenkbar" erschienen, dass in
Österreich wieder eine jüdische Gemeinde entstehen würde. Das
"Unerwartete" sei aber dennoch geschehen. Nun sei aber eine
"schicksalhafte Stunde" gekommen: "Heute sehen wir uns an den Anfang
zurückgeworfen und fragen uns, ob die vom österreichischen Volk
gewählten Mandatare bereit sind, dieser jüdischen Gemeinde jene
finanzielle Basis zu geben, die es ihr ermöglicht, ihre Infrastruktur
aus Eigenem zu erhalten, oder ob nicht doch alles ein schöner Traum
war und wir, aus diesem Traum gerissen, ernüchtert konstatieren
müssen, dass wir zu Bettlern degradiert werden."
"Wichtig und bedeutsam"
Er halte jedenfalls fest an der Meinung, "dass die Existenz einer
jüdischen Gemeinde für Österreich ebenso wichtig und bedeutsam ist
wie für uns Juden", so Muzicant weiter. Ein demokratisches Land, das
sich zu Menschenrechten und zur europäischen Wertegesellschaft
bekenne, sei auch verpflichtet ist, eine jüdische Gemeinde zu fördern
und zu unterstützen, "ohne dass diese - täglich, wöchentlich,
jährlich - darum kämpfen muss, dies insbesondere im Licht der
Tatsache, dass wir heute einer der größten und reichsten Gemeinden
Europas wären, hätte es nicht die Schoah gegeben, in die so viele
Österreicher schuldhaft verstrickt waren". (APA)