Graz - "Wie wird in Jungfamilien die Mehrfachbelastung von Familie und Beruf bewältigt?" Mit dieser Frage wird sich eine internationale sozialpsychologische Studie beschäftigen, die an der Uni Graz gemeinsam mit sechs europäischen Hochschulen anläuft. Die Ergebnisse sollen die aktuelle Situation beschreiben, aber vor allem als Basis für die Gestaltung von Programmen dienen, die Paare mit kleinen Kindern bei der Bewältigung der Herausforderungen unterstützen, so der Grazer Sozialpsychologe Harald Lothaller.

"FamWork - Family Life and Professional Work"

Mit zunehmender Berufstätigkeit von Frauen werden traditionelle Vorstellungen von bisher geschlechtsspezifisch zugeordneten Aufgaben in der Familie in Frage gestellt: Männer sehen sich häufiger mit dem Wunsch ihrer Frauen konfrontiert, sich stärker an der Hausarbeit zu beteiligen, bzw. die Kinderbetreuung zu übernehmen. Wie sich die Arbeitsaufteilung in den Familien des 21. Jahrhunderts konkret gestaltet, welche Konflikte auftreten und wie Probleme bewältigt werden, soll u.a. in dem von der EU-Kommission in Auftrag gegebenen Untersuchung "FamWork - Family Life and Professional Work" analysiert werden.

200 Paare im Großraum Graz gesucht

Für die Studie werden im Großraum Graz 200 Paare mit kleinen Kindern gesucht, die zu ihrer Situation und ihrem Umgang mit der Mehrfachbelastung durch Familie und Beruf befragt werden sollen. "Gesucht werden in einem gemeinsamen Haushalt lebende Paare, bei denen jede/r PartnerIn zumindest 15 Stunden pro Woche berufstätig ist und die zumindest ein Kind zwischen einem und fünf Jahren haben", so Lothaller.

Das Projekt wird als Gemeinschaftsprojekt von sieben europäischen Forschungsteams durchgeführt: Deutschland (München), Schweiz (Fribourg), Österreich (Graz), Holland (Nijmwegen), Portugal (Porto), Belgien (Mons) und Italien (Palermo). Geleitet wird die Studie vom Münchner Psychologen Klaus A. Schneewind.

Methode der "In-vivo-Selbstbeobachtung"

Die Befragung wird unter 1.400 Paaren mit kleinen Kindern in den Teilnehmerländern durchgeführt. Zusätzlich zum Fragebogen, der im europäischen Projektteam gemeinschaftlich erstellt wurde, wird zur Vervollständigung der Daten eine neuartige Erhebungsmethode angewandt: die computerunterstützte In-vivo-Selbstbeobachtung. Dabei wird eine Teilgruppe der TeilnehmerInnen drei Mal täglich zu bestimmten Situationen des Familienlebens befragt, die über Taschencomputer beantwortet werden können. "In der Hitze des Gefechtes stellen sich bestimmte Sachverhalte einfach anders dar, als im Rückblick. Diese Verzerrungen wollen wir damit ausgleichen", so Projektmitarbeiterin Sonja Jagoditsch. (APA)