Auch die zweite Absage wird nicht die letzte sein. Die Nationalratsabgeordneten werden sich daran gewöhnen müssen, dass die von ihnen vorgeladenen Auskunftspersonen im Korruptionsuntersuchungsausschuss nicht erscheinen. Die Ferngebliebenen nehmen dabei eine polizeiliche Vorführung ebenso in Kauf wie die Auferlegung eines Bußgelds samt medialer Begleitmusik.

So etwas tut ein Staatsbürger nicht leichtfertig. Verständlich ist die Verweigerung von Telekom-Regulator Georg Serentschy und der Sekretärin des früheren Verkehrsministers Hubert Gorbach allemal. Diese Personen stehen im Visier der Justiz, sie werden von der Staatsanwaltschaft als Beschuldigte geführt. Selbst wenn es unwahrscheinlich sein sollte, dass sich der Vorwurf gegen sie je erhärtet: Eine Person, die in Verdacht steht, Geschenke angenommen oder Geld zu Amtsträgern geschleust zu haben, hat viel zu verlieren, aber nichts zu gewinnen mit einer Zeugenaussage unter Wahrheitspflicht in einem U-Ausschuss.

Ändern wird sich an diesem rechtsstaatlich wie demokratiepolitisch unbefriedigenden Umstand so schnell nichts. Denn der parallel zu Ermittlungsverfahren der Justiz abgehaltene U-Ausschuss hat einen Konstruktionsfehler. Die Justiz klärt aus ermittlungstaktischen Gründen nicht voll darüber auf, wen sie als Beschuldigten führt. Die Mandatare bestrafen fürs Fernbleiben. Unter die Räder kommen so die Wahrheit - und die Grundrechte.(Luise Ungerboeck, DER STANDARD, Printausgabe, 01.02.2012)