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Der Rettungsschirm soll aufgeblasen werden. Wieder einmal. Kreisen zufolge sollen Regierungs- und IWF-Vertreter über eine Kombination von bestehendem EFSF, kommendem ESM und IWF-Geldern beraten haben.

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Hamburg - In der europäische Schuldenkrise soll die "Brandmauer" einem Pressebericht zufolge viel höher ausfallen als bisher geplant. Wie die "Financial Times Deutschland" ("FTD") ohne Nennung von Quellen berichtet, seien beim Weltwirtschaftsforum in Davos darüber vertrauliche Gespräche zwischen ranghohen Regierungs- und IWF-Vertretern geführt worden. Dabei sei es um eine Kombination dreier Rettungsschirme gegangen, wodurch das Gesamtvolumen des neuen Schutzwalls auf insgesamt 1,5 Billionen - 1.500.000.000.000 - Euro ansteigen soll. Der ständige Euro-Rettungsschirm ESM, der im Sommer an den Start geht und den aktuellen Schutzschirm EFSF ablösen wird, verfügt bisher über ein Drittel dieser Summe. 

Das Vorhaben, für das die EU-Kommission laut "FTD" schon einen Zeitplan ausgearbeitet hat, wurde demnach von US-Finanzminister Timothy Geithner, IWF-Chefin Christine Lagarde, EZB-Chef Mario Draghi und den Finanzministern Deutschlands und Frankreichs, Wolfgang Schäuble und Francois Baroin, besprochen. Erreicht werden soll die Gesamtsumme laut dem Blatt durch eine Kombination von ESM und EFSF sowie durch zusätzliche Mittel des Internationalen Währungsfonds (IWF).

Am Montag hatten die Staats- und Regierungschefs der EU auf ihrem ersten Gipfel im Jahr beschlossen, den permanenten Rettungsschirm ESM vorzuziehen und schon ab Juli einzuführen. Die deutsche Kanzlerin Merkel will auch in China um das Vertrauen in die Währungsunion werben. Dabei wird in der deutschen Regierung nicht ausgeschlossen, dass China doch noch einen Beitrag leisten könnte zur "Hebelung" der Gelder des Euro-Rettungsschirms. Zugleich signalisierte die deutsche Regierung ihre Offenheit für weitere Direktinvestitionen. Außerdem einigte man sich auf dem Gipfel auf einen Fiskalpakt für eine stärkere Budgetkontrolle. Neben den 17 Euroländern wollen auch acht Nicht-Euro-Staaten in der EU den Pakt unterschreiben - nur Großbritannien und Tschechien treten nicht bei.

Athen ringt um Schuldenschnitt

In Griechenland gehen unterdessen die Bemühungen um eine Lösung in der Krisenfrage weiter. Griechenlands Regierungschef Lukas Papademos hat neue Hoffnungen auf eine baldige Einigung über einen griechischen Schuldenschnitt geweckt. Papademos hatte sich nach einem Treffen mit Vertretern der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Europäischen Union in der Nacht zuversichtlich gezeigt, die Verhandlungen über einen Forderungsverzicht privater Gläubiger bis Ende der Woche unter Dach und Fach zu bringen. Der Schuldenschnitt gilt als wichtige Voraussetzung für das zweite griechische Hilfspaket, das die Zahlungsunfähigkeit des hoch verschuldeten Landes abwenden soll. 

Glaubt man der EU-Bankenaufsicht EBA, würde ein griechischer Schuldenschnitt keinen zusätzlichen Kapitalbedarf für Europas Banken bedeuten. Die Institute könnten die dann fälligen Wertberichtigungen mit dem Eigenkapitalpuffer verrechnen, den sie im Rahmen des jüngsten europäischen Blitzstresstests ohnehin anlegen müssen, sagten zwei mit den Überlegungen der EBA vertraute Personen der Nachrichtenagentur Reuters. Mit dem Puffer sollen die Folgen der Euro-Schuldenkrise abgefedert werden. Die wichtigsten europäischen Kreditinstitute müssen nach dem Willen der EBA bis Ende Juni auf eine Kernkapitalquote von neun Prozent kommen, und zwar auch unter der Annahme, dass alle Staatsanleihen auf Marktwert abgeschrieben werden. Die Kapitallücke der Banken beläuft sich in diesem Blitzstresstest auf knapp 115 Milliarden Euro.

EZB sorgt für Geld

Die EZB sorgt inzwischen dafür, dass die Banken mit genügend Euros versorgt werden. Weil das Misstrauen der Banken untereinander enorm groß ist und vor allem südeuropäische Institute kaum noch an Geld kommen, pumpten die Währungshüter schon im Dezember eine knappe halbe Billion Euro in den Markt. Für Ende Februar ist ein zweiter sogenannter Langfrist-Tender mit einer Laufzeit von drei Jahren geplant. Wenn stimmt, was aus Finanzkreisen zu hören ist, dann dürfte die Notenbank an diesem einen Tag die Banken der Eurozone mit mehr als einer Billion Euro überschütten, berichtet das "Handelsblatt". Damit sollen Pleiten à la Lehman Brothers verhindert werden.

Doch war eigentlich weithin erwartet worden, dass die Banken das Geld vor allem für ihre eigene Refinanzierung nutzen. Das billige Geld der EZB hat die Stimmung offenkundig geändert. Die Institute schlagen nun zwei Fliegen mit einer Klappe: Sie streichen eine ordentliche Rendite ein und häufen obendrein mehr Papiere an, die sie im Notfall bei der EZB als Sicherheit hinterlegen können. "Die EZB-Aktion war wichtig", gibt ein europäischer Topbanker zu. "Wahrscheinlich hat sie uns vor dem Abgrund bewahrt. Aber der Markt hat in jedem Fall etwas Zeit gewonnen, die Dinge wieder ins Laufen zu bringen." (APA/Reuters/rom, derStandard.at, 31.1.2012)