Wem gehören die Gründe bei Steinhof, fragen sich einige zornige Bürger. 40.000 Unterschriften, die eine private Bebauung verhindern sollen, sind bereits zusammengekommen.

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Wien - "Verschenkt die Gesellschaft wertvolle Flächen der Stadt? Oder ist sie imstande, der Verlockung des schnellen Geldes zu widerstehen?", fragt sich Christine Muchsel von der Bürgerinitiative "Steinhof erhalten". Kapitalismus gegen Gemeinschaft. Darum gehe es eigentlich bei dem Streit um die geplante Verbauung des Steinhof-Areals.

Protest am Rathausplatz

Am Dienstag geht der Protest in die nächste Runde: An den Ein- und Ausgängen des Wiener "Eistraums" auf dem Rathausplatz wollen die Gegner des Projektes Infomaterial und Unterschriftenlisten verteilen. Unterstützung soll es von Burgschauspieler Bruno Thost und Kollegen geben.

Der Kampf gegen die Errichtung von 600 Wohnungen auf dem denkmalgeschützten Areal schwelt seit Monaten. Ende Oktober erklärte Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) die Causa zur Chefsache und stoppte das Projekt - vorerst. 200 Wohnungen werden definitiv nicht gebaut. Die stadtnahe Bauträgerfirma Gesiba wurde mit der Neubearbeitung der restlichen 400 Wohnungen beauftragt.

Ein Mediatorenduo (bestehend aus Johannes Gotsmy und Alexander Neumann) wurde von der Stadt Wien mit der Vermittlung zwischen den Konfliktparteien beauftragt.

Erstes Treffen: Ein Kennenlernen

"Wir stehen in der Erkundungsphase", sagt Gerhard Hadinger von der Bürgerinitiative. Den Sinn des ersten Treffens, das ein reines Kennenlernen gewesen sei, hinterfrage er. Schließlich würde man sich auch nicht vor einer Verhandlung mit dem Richter treffen. "Die wollten einfach wissen, wie stark unsere Gruppe ist." Jetzt würden alle auf einen gemeinsamen Termin mit der Gegenseite warten.

Weil sich "einfach nichts bewegt", will die Bürgerinitiative mit der Rathausplatz-Aktion Aufmerksamkeit erregen. "Viele Bürger wissen immer noch nicht, was am Steinhof geplant ist." Bis jetzt seien gut 40.000 Unterschriften zusammengekommen.

Muchsel, die bereits 1981 mitverhindert hat, dass Teile im Nordwesten von Steinhof als Wohnfläche umgewidmet werden, ist da zuversichtlicher. "Wenn alle das Mediationsverfahren ernst nehmen, werden wir eine wertvolle Lösung finden."

"Der Prozess ist ergebnisoffen"

Wertvoll bedeutet für die Baugegner: Das Areal kann sozialmedizinisch genutzt werden, die Wohnungen werden nicht gebaut. "Außer man plant gemeinnützige Projekte wie betreutes Wohnen oder Generationenhäuser", sagt Muchsel. Es ist gut möglich, dass keine Wohnungen kommen. Das hat schon Häupl bei seiner Intervention angemerkt. "Der Prozess ist ergebnisoffen", meint auch Hardinger.

Was durch die Proteste jedenfalls nicht gestoppt wurde, ist der Bau des Vamed-Rehabilitationszentrums. Die Abbruchkräne sind bereits vor zwei Wochen angerückt, seit dem 28. Jänner ist auch das Tor zum Osteingang wegen der Baustelle gesperrt. Kaltschnäuzig sei das, findet Muchsel. "Öffentliche Zugänge müssen öffentlich bleiben." Den Steinhof-Besuchern aus dem Osten ohne Erklärung den Zutritt zu verwehren sei eine unüberlegte Aktion. Und gerade im Mediationsprozess würde das für schlechte Stimmung bei den Bürgern sorgen. (Julia Herrnböck, DER STANDARD, Printausgabe, 31.1.2012)