Wien - Einen Tag vor der zweiten Zeugenrunde im Korruptions-U-Ausschuss erhebt das Nachrichtenmagazin "profil" Vorwürfe gegen Telekom-Austria-Chef Hannes Ametsreiter. Dieser soll schon seit langem von den Unregelmäßigkeiten gewusst haben und sogar Unterlagen zurückhalten. Die Telekom wies den Vorwurf zurück und betonte, dass sie der Staatsanwaltschaft alle Dokumente übergeben habe.

Bei der ersten Zeugenbefragung am vergangenen Donnerstag kristallisierte sich heraus, dass bei der Novelle der Universaldienstverordnung von den Spitzenbeamten im Verkehrsministerium einfach der Entwurf der Telekom Austria übernommen wurde - weil das vom Kabinett des damaligen Verkehrsministers Hubert Gorbach (früher FPÖ/BZÖ) so gewünscht worden sei. Der BZÖ-Abgeordnete Stefan Petzner bestreitet das.

Prüfungsunterlagen nicht herausgegeben

Laut "profil" hat das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) im Juli des Vorjahres bei der Staatsanwaltschaft Wien seinen Unmut über das Telekom-Management schriftlich kundgetan. Demnach soll das teilstaatliche Unternehmen seit dem Frühjahr 2009 auf einem Dossier, von dessen Existenz weder die Polizei noch die Justiz und schon gar nicht die Öffentlichkeit Kenntnis erlangen sollten, sitzen. Dabei geht es um einen Bericht der Wirtschaftsprüferkanzlei KPMG. Diese hatte zum Jahreswechsel 2008/2009, im Rahmen der Abschlussarbeiten an der Telekom-Bilanz des Jahres 2008, eher zufällig einen eigenen Prüfschwerpunkt gesetzt: "Compliance und Beraterverträge".

Schieszler erinnert sich an weitere Unterlagen

Das Magazin zitiert den ehemaligen Telekom-Manager Gernot Schieszler, der einen Kronzeugenstatus anstrebt: "Es ist mir unverständlich, wie die Telekom Austria angeben konnte, dass außer den von ihr übermittelten Ordnern es absolut keine anderen Unterlagen gäbe - dies ist schlichtweg falsch ... Meiner Erinnerung nach befinden sich in diesem Ordner noch weitere Malversationen in Bezug auf fingierte Beraterverträge." "Profil" fragte in der Folge: "Wo sind die Aktenordner, von denen Schieszler sprach, geblieben? Warum wurden sie den Behörden vorenthalten? Wollte die Telekom zwei Jahre nach Schieszlers Abgang etwas vertuschen?"

Telekom: Alle Unterlagen ausgehändigt

Die Telekom betonte am Montag, dass sie sämtliche Unterlagen der Staatsanwaltschaft übergeben habe und KPMG ermächtigt worden sei, auch die im "profil" angeführten Dokumente der Justiz auszuhändigen.

Wahlkampffinanzierung für FPÖ

Außerdem soll die Telekom den EU-Wahlkampf der FPÖ 2004 mit 500.000 Euro finanziert haben. Das gehe aus einem Dossier der Staatsanwaltschaft Wien vom 6. September des Vorjahres hervor. Im Zentrum des behördlichen Interesses: die Wiener mediaConnection Immohandel GmbH des ehemaligen FPÖ-Werbers Gernot Rumpold.

Rumpolds unter Verdacht

Gegen Rumpold und dessen Ex-Frau Erika Daniel, deren Beratungstätigkeit für EADS schon in Zusammenhang mit der Beschaffung der Eurofighter für gesteigerte Aufmerksamkeit gesorgt hatte, laufen seit dem Vorjahr unter der Aktenzahl 609St29/11z Ermittlungen wegen des Verdachts der Bestechung von Amtsträgern im Telekom-Komplex. Laut dem "Bericht über den Verfahrensstand" hegt die Justiz nunmehr den Verdacht, Rumpold und Daniel könnten gemeinsam mit "unbekannten Entscheidungsträgern der Telekom Austria AG" seit dem Jahr 2000 noch auszuforschenden Amtsträgern für die pflichtwidrige Vornahme von Amtsgeschäften, insbesondere der bescheidmäßigen baurechtlichen Bewilligung von Funkmasten, Vorteile verschafft haben.

Verfahren wegen Steuerhinterziehung

Unabhängig davon läuft gegen die beiden bereits seit 2010 ein Verfahren wegen mutmaßlicher Steuerhinterziehung (Aktenzahl: 602 St 27/10b). Und dieser Nebenschauplatz könnte sich im Zuge der Telekom-Nachforschungen zu einem handfesten Parteienfinanzierungsskandal auswachsen, heißt es in dem Bericht. Laut Justiz ist überdies eine Stellungnahme des Finanzamts Wien 1/23 aus einem abgabenrechtlichen Berufungsverfahren amtsbekannt, wonach die Telekom im Zeitraum 2003 bis 2004 einen "Auftrag in Höhe von EUR 500.000,- netto über vier Studien bzw. Konzepte" an die mediaConnection Immohandel GmbH erteilt haben soll, der in einem noch aufzuklärenden Zusammenhang mit dem Wahlkampf der FPÖ für die Wahl zum Europäischen Parlament im Jahr 2004 stehen dürfte.

"Vorwurf aus der Luft gegriffen"

Der jetzige Parteichef Heinz-Christian Strache war 2004 stellvertretender FPÖ-Obmann und damit die Nummer zwei hinter Jörg Haider. Strache und Rumpold verbanden damals noch geschäftliche Kontakte, schreibt das "profil". Laut Firmenbuch des Handelsgerichts Wien waren Strache und Rumpold bis 2004 Gesellschafter zweier Unternehmungen, die mittlerweile liquidiert sind. FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky wies die Vorwürfe im Namen Straches auf das Schärfste zurück: "Dass Strache mit Rumpold in zwei Gesellschaften saß, hat mit Rumpolds mediaConnection und der Telekom überhaupt nichts zu tun. Überdies haben wir nachweislich ab 2004 mehrmals Einblick in die Bundesparteifinanzen gefordert, aber bis zur Abspaltung des BZÖ 2005 keine Einsicht erhalten. Der Vorwurf ist aus der Luft gegriffen."

Geldflüsse an Valora

Wie "profil" weiters berichtet, überwies das frühere Lobbyingvehikel von Peter Hochegger, die Valora Unternehmensberatung und -beteiligung AG, im Jahresverlauf 2007 insgesamt 186.000 Euro an jene fast gleichnamige Gesellschaft, an der seinerzeit auch der ehemalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser und der frühere FPÖ-Spitzenpolitiker Walter Meischberger beteiligt waren: Valora Solutions Projektbegleitung GmbH. Dies gehe aus Hocheggers Steuerakte hervor. Die Summe wurde in vier Tranchen überwiesen: einmal 100.000 Euro, einmal 50.000 Euro und zweimal je 18.000 Euro. Laut "profil" kam das Geld mit hoher Wahrscheinlichkeit von der Telekom Austria, da diese in den Jahren 2007 und 2008 faktisch der einzige Kunde von Hocheggers Valora AG war. (APA)