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Die Bergungsarbeiten an dem havarierten Kreuzfahrtschiff mussten vorerst eingestellt werden.

Foto: REUTERS/Darrin Zammit

Die zwischen der Reederei Costa Crociere und italienischen Verbraucherverbänden vereinbarte Entschädigung von 11.000 Euro pro Passagier ist Gegenstand heftiger Kritik. So bezeichnet die Konsumentenorganisation Codacons die Summe als "Almosen" und stellt den Betroffenen mit einer internationalen Sammelklage eine Vergütung von 125.000 Dollar (92.500 Euro) pro Kopf in Aussicht. Sie werde sowohl Costa als auch den US-Mutterkonzern Carnival klagen.

Der deutsche Opferanwalt Hans Reinhardt fordert sogar ein Schmerzensgeld von 160.000 Dollar (118.500 Euro) pro Passagier und mindestens eine Million für jedes Todesopfer. Reinhardt, der bisher 16 Betroffene vertritt, wählte ein Gericht in Miami, wo die Muttergesellschaft Carnival ihren Sitz hat. Dass in Italien zusätzlich geklagt werde, wollte Reinhardt indes nicht ausschließen.

Traumata und Todesfälle

So sei denkbar, die Schmerzensgeldforderungen wegen erlittener Traumata oder aufgrund von Todesfällen in Amerika einzuklagen und den Schadenersatz in Italien von der Reederei selbst zu verlangen. Eine Klage in Deutschland sei "eher unwahrscheinlich", da sich die Firmenadressen der Reederei dort bisher als "eine Art Briefkastenfirmen" herausgestellt hätten, sagte Reinhardt.

Die französische Organisation Fenvac, die nach eigenem Bekunden 70 Prozent der 462 französischen Passagiere vertritt, hat eine eigene Klage angekündigt. Auch der britische Opferanwalt Clive Garner kritisierte die Vereinbarung zwischen der Reederei und den 15 italienischen Verbraucherverbänden als "verfrüht und nicht gründlich durchdacht". Er rate seinen Klienten, sich diesem Abkommen nicht anzuschließen.

Die Unterzeichner verteidigen dagegen die nach 16-stündigem Tauziehen erzielte Vereinbarung: "Sie ermöglicht eine rasche Vergütung ohne Anwaltsspesen und Kosten für mehrjährige Prozesse."

Bergungsarbeiten vertagt

Die Einigung sieht eine Pauschalentschädigung von 11.000 Euro pro Passagier vor - auch für Kinder, die kostenlos auf der Costa Concordia mitgereist sind. Erstattet werden ferner der gesamte Fahrpreis, die An- und Abreise sowie die Ausgaben an Bord - eine Summe, die auf rund 3.000 Euro pro Kopf beziffert wird.

Wegen schlechten Wetters und hoher Wellen wurden unterdessen am Sonntag alle Bergungsarbeiten eingestellt, nachdem sich das havarierte Schiff erneut bewegt hatte. Auch das Abpumpen des Öls wurde verschoben. Die Tauchermannschaften haben am Montag vor der toskanischen Insel Giglio die Suche nach weiteren Vermissten im Wrack wieder aufgenommen. Die Suche war am Sonntag wegen der schwierigen Wetterbedingungen eingestellt worden. Mit Sprengkörpern konnten sich die Teams Zugang zu Deck 5 verschaffen. Dieses Teil des Wracks war noch nicht kontrolliert worden. Nicht ausgeschlossen wird, dass hier weitere Leichen gefunden werden könnten, berichteten italienische Medien.

Indessen wurden zwei weitere Opfer identifiziert: Es handelt sich um eine deutsche Passagierin und eine peruanische Kellnerin, die nach Augenzeugenberichten bei der Rettung zahlreicher Passagiere behilflich war. Sie war das letzte noch vermisste Besatzungsmitglied. Damit bleibt nur noch ein geborgenes Opfer zu identifizieren.

Bergung könnte bis Jahresende dauern

Wie ebenfalls bekannt wurde, könnte die Costa Concordia noch monatelang vor der italienischen Insel Giglio liegen bleiben. Bis zu einer Bergung dürfte es bis zum Jahresende oder sogar länger dauern, sagte am Sonntag Katastrophenschutz-Chef Franco Gabrielli, der für die Rettungsarbeiten zuständig ist. (Gerhard Mumelter aus Rom, DER STANDARD, Printausgabe/red, derStandard.at, 30.1.2012)