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Kein Ja zum Pakt ohne Klagsrecht für Kommission: ÖVP-EU-Abgeordneter Othmas Karas.

Foto: APA/Thomas Schmidt

Ohne Kommission fehle dem Pakt aber der Biss, sagt Othmar Karas im Gespräch mit Andreas Schnauder.

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STANDARD: Die EU-Chefs treffen sich, um den Fiskalpakt zu finalisieren. Kann er die Eurokrise lösen?

Karas: Der Fiskalpakt ist ja nur notwendig, weil wir für die Versäumnisse der Vergangenheit zahlen müssen. Die Währungsunion ist eine europäische Angelegenheit, ihre Instrumente sind aber national angesiedelt. Daher haben wir die Schieflage bei den Kompetenzen, im Entscheidungsprozess und bei der demokratischen Legitimierung.

STANDARD: Etwas konkreter: Was bringt der Pakt, und wie sehen Sie die geringe Einbindung der EU-Kommission?

Karas: Für vieles davon braucht es keinen neuen Pakt, weil es schon im sogenannten Six-Pack geregelt ist. Es handelt sich um eine Hilfskonstruktion, weil die Regeln nicht eingehalten wurden. Wenn da die Europäische Kommission nicht die notwendigen Kompetenzen hat, ist sie wie ein Schiedsrichter ohne Pfeiferl und ohne Rote Karte. Wenn der Pakt nicht eingehalten wird, muss die Kommission beim Europäischen Gerichtshof klagen können. Ohne den kann man nicht von einer Wirtschaftsregierung sprechen. Der Rat der Staats- und Regierungschefs ist dazu nicht legitimiert.

STANDARD: Wenn die Kommission kein Klagsrecht bekommt ...

Karas: ... dann darf das EU-Parlament nicht zustimmen. Wir verwehren uns nicht gegen Notlösungen, aber sie dürfen nicht gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen.

STANDARD: Erfordert die schärfere Haushaltskontrolle in Österreich Gesetze mit Verfassungsmehrheit?

Karas: Es gibt ja schon das europäische Semester, in dem die jährlichen Budgets der Mitgliedstaaten überprüft werden. Der Herr Bundeskanzler hat mehrfach zugestimmt, dass man Korrekturen am Haushalt auch umsetzt. Das ist also nichts Neues, das wurde schon vor zwei Jahren beschlossen. Jetzt geht es darum, von drei Prozent Defizit auf maximal 0,5 Prozent herunterzugehen.

STANDARD: Welcher Änderungen bedarf es jetzt noch im Fiskalpakt?

Karas: Wichtiger ist, dass sich die EU zur politischen Union weiterentwickelt. Alle Bereiche, die zur Währungsunion zählen, müssen vergemeinschaftet werden.

STANDARD: Jetzt steht erst einmal der Fiskalpakt zur Entscheidung an. Was fordert das Parlament?

Karas: Mitentscheidung bei der Umsetzung und das Recht der Kommission, die Einhaltung beim EuGH einklagen zu können. Am Montag muss klar sein, dass diese Notlösung in drei bis fünf Jahren in Gemeinschaftsrecht übergeht. Ich bin dafür, dass das Parlament sofort mit der Vorbereitung eines Konvents zu einer Wirtschafts- und Sozialunion beginnt.

STANDARD: Es gibt Kritik daran, dass Banken Staatsanleihen nicht mit Eigenkapital unterlegen müssen. Die Basel-III-Regel kommt nun ins Parlament, wie sehen Sie das?

Karas: Wir brauchen eine Balance der Risikogewichtung zwischen Staatsanleihen und Krediten an Klein- und Mittelunternehmen. Jetzt lautet das Verhältnis: Für Staatsanleihen null Unterlegung, für KMU-Kredite 75 Prozent. Wir wollen die Risikogewichtung der Kredite an die Realwirtschaft um 30 Prozent senken. Die Nullgewichtung der Staatsanleihen ist natürlich falsch, aber kurzfristig würde eine Verschärfung die Staatsfinanzierung beeinträchtigen. Nach der Krise muss man das in einer Regelung umsetzen. (DER STANDARD, Printausgabe, 30.1.2012)