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Der Leibesvisitation in einer Außenstelle der Justizantalt Josefstadt folgte eine schriftliche Verwarnung und eine Anzeige wegen Nötigung.

Foto: APA/Helmut Fohringer

Wien - Ein Häftling ist im vergangenen Sommer in einer Außenstelle der Justizanstalt (JA) Wien-Josefstadt gedemütigt worden, indem der tiefgläubige, praktizierende Katholik nach einem genehmigten Ausgang von einem Justizwachebeamten gezwungen wurde, sich in der hauseigenen Kapelle auszuziehen und seine Kleidung am Altar abzulegen. Danach unterzog ihn der Beamte unmittelbar neben dem Altar einer peniblen Leibesvisitation.

"Das hat mich in meinen religiösen Gefühlen zutiefst verletzt", berichtete der 55-jährige Mann am Freitag. Peter Prechtl, der interimistische Leiter der Vollzugsdirektion, bestätigte den Vorfall: "Es ist Tatsache, dass das passiert ist. Weshalb das in der Kapelle und nicht in einem Dienstzimmer stattgefunden hat, ist nicht nachvollziehbar und nicht verständlich. Es hätte auch andere Räumlichkeiten gegeben."

"Ich habe Angst gehabt"

Der Zwischenfall ereignete sich am 16. Juli 2011 in der Außenstelle Wilhelmshöhe, einer ehemaligen Lungenheilstätte in Pressbaum (Bezirk Wien-Umgebung). Nach einem elfstündigen Ausgang habe ihn ein Beamter in die im ersten Stock gelegene Kapelle gebracht und aufgefordert, sich zur Vornahme einer - nach Ausgängen routinemäßig vorgesehen - Visitation zur Gänze zu entkleiden. "Ich habe Angst gehabt", erklärte der Häftling. Daher habe er gehorcht. Es sei "besonders schlimm" gewesen, ausgerechnet in jenem Raum, in dem er üblicherweise gebetet und Andacht gehalten habe, seine Körperöffnungen inspizieren lassen zu müssen.

"Jede Religion sollte auch im Gefängnis akzeptiert werden", forderte der Mann, der mittlerweile in die JA Simmering verlegt wurde, wo er Freigänger ist und voraussichtlich in wenigen Monaten endgültig entlassen werden wird.

Anzeige wegen Nötigung

"Der betreffende Beamte ist disziplinarrechtlich zur Verantwortung gezogen worden. Es hat eine schriftliche Verwarnung gegeben", betonte der Leiter der Vollzugsdirektion. Ein zweiter Beamter, der bei einer Visitation zwingend dabei zu sein hat, habe eingreifen und das Vorgehen seines Kollegen unterbinden wollen, sich aber nicht durchgesetzt. "Das Geschehene ist nicht zu beschönigen, auch wenn sich meinen Informationen zufolge das Allerheiligste zu diesem Zeitpunkt nicht im Raum befunden hat", so Prechtl.

Wie der Sprecher der Staatsanwaltschaft Wien, Thomas Vecsey, bestätigte, wurde der Beamte wegen Nötigung angezeigt. Die Staatsanwaltschaft St. Pölten, an die der Fall abgetreten worden war, hat das Strafverfahren gegen den Justizwachebeamten allerdings eingestellt. "Es konnte kein gerichtlicher Tatbestand festgestellt werden", teilte Behördensprecherin Michaela Obenaus am Freitagnachmittag mit.

Offenbar ließ sich bei den Ermittlungen nicht beweisen, dass er den tiefgläubigen Häftling mit Gewalt oder gefährlicher Drohung zur Duldung der Visitation unmittelbar neben dem Altar gebracht hatte. Wie Obenaus betonte, wurde der Vorfall von Amts wegen "umfassend in alle Richtungen geprüft". Es habe sich - abgesehen vom Nötigungs-Verdacht - auch kein sonstiges deliktisches Verhalten nachweisen lassen. (APA)