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Kranzniederlegung von Holocaust-Überlebenden vor dem Konzentrationslager in Auschwitz.

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Gedenken am Heldenplatz in Wien.

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Protest gegen den WKR-Ball-

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Die "Halle der Namen" im Holocaust-Gedenk-Museum in Jerusalem.

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Gedenken in Moskau.

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Wien - Einige Hundert Menschen, darunter Vertreter der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Kirchenrepräsentanten und Parteiprominenz von SPÖ und Grünen, haben am Freitag am Wiener Heldenplatz den internationalen Holocaust-Gedenktag begangen. Nur wenige Meter von der Hofburg entfernt, wo sich am Abend schlagende Burschenschafter zum umstrittenen Ball des Wiener Korporationsrings (WKR) treffen wollten, legten sie einen Kranz nieder und formten aus Blumen den Schriftzug "Erinnern und Zeichen setzen!".

"Ihr, die ihr heute tanzen und feiern werdet"

Gedacht wurde der sechs Millionen ermordeten Juden sowie der Sinti und Roma, Homosexuellen, politisch Verfolgten und Behinderten, die dem nationalsozialistischen Terror zum Opfer gefallen sind. "Ihr, die ihr heute hier tanzen und feiern werdet, wir erinnern euch an die Ermordung von zwei Dritteln des europäischen Judentums", sagte der Holocaust-Überlebende Rudolf Gelbard in seiner Rede.

"Wurschtigkeit der Bevölkerung"

Ariel Muzicant, Präsident der Wiener IKG, warnte vor der Gefahr der "Wurschtigkeit" in der Bevölkerung. Die Menschen seien bereit, eine Partei zu wählen, in der all das verherrlicht werde, was die schrecklichen Verbrechen des Nationalsozialismus ausgelöst habe, sagte er, ohne die FPÖ direkt zu nennen. "Es sind nicht die blöden Buben, die irgendwelche Hakenkreuze schmieren, die mich ängstigen, es sind diese Schreibtischtäter."

Regierung warnt vor undemokratischen Tendenzen

Die österreichische Regierungsspitze nahm den Internationalen Holocaust-Gedenktag zum Anlass, um vor der Gefahr rassistischer und undemokratischer Tendenzen in Zeiten der Wirtschaftskrise zu warnen. In Aussendungen gedachten Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Michael Spindelegger (ÖVP) der Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. Bundespräsident Heinz Fischer hatte am Donnerstag den Holocaust als ein "unfassbares, systematisch geplantes und organisiertes Verbrechen gegen die Menschheit, das unvergesslich bleiben wird" bezeichnet. Wer Auschwitz leugne, verharmlose oder relativiere, schließe sich aus dem Kreis jener aus, "denen die historische Wahrheit, das menschliche Leben und die Menschenrechte wertvoll sind". Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion im Europäischen Parlament, Hannes Swoboda warnte, dass angesichts des wachsenden Rechtsextremismus in Europa besondere Wachsamkeit gefordert sei.

Rücktrittsforderung an Graf

Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) erinnerte an die Symbolik des Gedenkens an jenem Ort, an dem die Menschen 1938 Adolf Hitler zugejubelt hatten. "Wir sind nicht das andere Österreich, wir sind Österreich", rief sie den Teilnehmern der Veranstaltung zu. Grünen-Chefin Eva Glawischnig sprach von abgrundtiefen Bösartigkeit der NS-Verbrechen und der Verpflichtung, diese niemals zu vergessen. "Umso perfider ist es, dass auf diesen Gräbern von Auschwitz heute getanzt wird." Einmal mehr verlangte sie den Rücktritt des dritten Nationalratspräsidenten und Burschenschafters Martin Graf (FPÖ).

Evanglischer Bischof ruft zur Wachsamkeit auf

Für die Kirchen gebe es "keine Schlussstrichmentalität", sagte der evangelische Bischof Michael Bünker. Er rief zur Wachsamkeit gegenüber Rassismus, Antisemitismus und rechtsextremem Gedankengut auf und bezeichnete es als ungeheuerliche Geschmacklosigkeit und Verhöhnung der Opfer, dass der WKR-Ball am heutigen Tag stattfinden könne. Dass auch die Kirche und viele Katholiken "in den bitteren Entscheidungsjahren des 20. Jahrhunderts" teilweise versagt und Schuld auf sich geladen hätten, erklärte die Präsidentin der Katholischen Aktion (KA), Luitgard Derschmidt.

Gedenken auch in Deutschland

Der 91-jährige Holocaust Überlebende Reich-Ranicki schilderte im deutschen Parlament, wie die SS im Juli 1942 die "Umsiedlung" anordnete. "Die in den Mitvormittagsstunden des 22. Juli 1942 begonnene Deportation der Juden aus Warschau nach Treblinka dauerte bis Mitte September. Zur Eröffnung der Bundestagssitzung hatte deutsche Parlamentspräsident Norbert Lammert an die im vergangenen Herbst aufgedeckte Neonazi-Mordserie erinnert. Diese Gewalt und dieser Hass seien nicht zu akzeptieren, sagte er und warnte vor Antisemitismus in Deutschland.

Gegen Relativierung historischer Fakten

Auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau fand am Freitag Polens zentrale Gedenkveranstaltung statt. Staatspräsident Bronislaw Komorowski übernahm das Patronat, war aber selbst nicht anwesend. In seiner Grußbotschaft hieß es, Polen werde sich "allen Versuchen, die historischen Fakten zu relativieren, entgegenstellen". Dies gelte auch für unzulässige Wortverbindungen wie "polnische Konzentrationslager", so der Präsident. Außerdem gab es überall in Polen lokale Veranstaltungen, darunter eine Aufführung von Mozarts Requiem in d-Moll, dirigiert von Jerzy Maksymiuk, im ostpolnischen Bialystok, wo bis zum zweiten Weltkrieg 50.000 Juden wohnten.

In Serbien legte Präsident Boris Tadic einen Kranz bei einem Denkmal für die Opfer des Zweiten Weltkriegs in dem früheren Konzentrationslager Staro Sajmiste in Belgrad nieder.  Gedenkveranstaltungen waren auch in Slowenien und Ungarn geplant. In New York sollte am späten Nachmittag (17.00 Uhr) eine Gedenkstunde der UNO-Vollversammlung zum Holocaust-Gedenktag stattfinden. Das türkische Außenministerium bekannte sich anlässlich des internationalen Holocaust-Gedenktages am Freitag zum kompromisslosen Kampf gegen Rassismus, Xenophobie und Antisemitismus. (APA)