Wien - Der weitere Verlauf des Goldpreises bleibt Anlass für viele Spekulationen und Analysen. Die Meinungen über die Preisentwicklung des Edelmetalls gehen fundamental auseinander. Ronald Stöferle, Goldexperte der Erste Bank, rechnet nach der Korrektur zu Jahresende schon für die Jahresmitte mit einem Preis von 2.000, längerfristig mit 2.300 Dollar pro Unze.
Andere Experten erwarten hingegen für den Goldpreis 2012 eher Ungemach. Nach einer Reuters-Umfrage von Mitte Dezember könnte der Preis in den nächsten Monaten unter 1.500 Dollar sinken. "Wir vermuten, dass 2012 sich der Goldpreis unter allen Metallpreisen am schlechtesten entwickeln wird", erklärte Christoph Eibl, CEO und Partner des Schweizer Rohstoff-Hedgefonds Tiberius Anfang Jänner. Im September 2011 hatte der Goldpreis mit 1.920 Dollar ein Rekordhoch erreicht. Am Donnerstag kletterte er mit 1729,76 Dollar wieder auf den höchsten Stand seit Anfang Dezember.
Geschäftsbelebende Unsicherheit
Wer eher ein Indiz für eine Entwicklung nach oben sucht, könnte es im Umzug des Edelmetallhändlers pro aurum von der Wiener Peripherie ins Zentrum im 1. Wiener Bezirk sehen. "Solange die Politik weiterhin für große Unsicherheit sorgt, ist für unser Geschäft gesorgt", sagt Geschäftsstellenleiter Claus Gabler anlässlich der Eröffnung des Geschäftslokals an der Seilerstätte. Ein in diesem Sinne geschäftsschädigendes Verhalten scheint er eher nicht zu erwarten. Gekauft werden kann hier nur physisches Gold - von der Goldmünze bis zum Barren. Kunden sind hier nicht nur Banken, sondern seit geraumer Zeit verunsicherte Privatkunden, betont Gabler. "Menschen, die mit Fonds Geld verloren haben und jetzt nicht wissen, wie sie ihr Erspartes sichern sollen." Über Geschäftszahlen wird keine Auskunft erteilt. Nur soviel: Der Umsatz hat sich im Vorjahr verdoppelt.
Nachbarn aus dem Osten
Geschäftsbelebend wirken sich laut Gabler durchaus auch dramatische Entwicklungen wie jene in Ungarn aus. „Als der Forint jüngst sehr gefallen ist, sind viele ungarische Kunden zu uns gekommen." Menschen aus den östlichen Nachbarländern zählt man hier verstärkt zur Käuferschicht. Gekauft und verkauft wird zum aktuellen Kurs, wobei das Verhältnis von Kaufen zu Verkaufen derzeit bei 40:1 liegt. Die Skepsis der Kunden gegenüber den nicht unbedingt risikolosen Goldkauf dürfte also weit hinter der Angst vor der großen allgemeinen Unsicherheit zurückstehen.
Wer schnell ist und Gold nur anschauen, aber nicht kaufen will, bekommt am Freitag den "Big Phil" zu sehen. Eingelassen in eine große Glasscheibe, ist die größte Goldmünze Europas, ein Wiener Philharmoniker, für einen Tag zurück in seine Heimat gekehrt. Mit 37 Zentimetern Umfang könnte man das Prachtstück sogar mit den Armen umschließen. Und wäre es nicht 31 Kilogramm schwer, würde es sogar seine Funktion als offizielles Zahlungsmittel der Republik Österreich erfüllen können. Mit einem Nennwert von 100.000 Euro würde sich das eine oder andere Kleinod damit ausgehen. (Regina Bruckner, derStandard.at, 27.1.2012)