New York/Beirut/Damaskus- Zehn Monate nach Beginn der blutigen Niederschlagung von Protesten syrischer Regierungsgegner könnte der UNO-Sicherheitsrat seine Sprachlosigkeit nun überwinden. In New York mehren sich die Zeichen, dass das mächtigste Gremium der Vereinten Nationen sich auf eine gemeinsame Marschrichtung einigt. Selbst eine Resolution gegen das Regime des syrischen Präsidenten Bashar al-Assad wird nun für möglich gehalten. Bisherige Versuche waren am Widerstand Russlands und Chinas gescheitert, die jede Kritik an ihrem Verbündeten und Waffenkunden blockiert hatten.

In Syrien kamen nach Angaben Oppositioneller auch am Donnerstag wieder 42 Menschen ums Leben. Die meisten Opfer habe es in den Provinzen Homs und Hama gegeben, sagte der im Libanon lebende syrische Aktivist Ahmed al-Hamawi. Hama sei Schauplatz eines "Massakers". In der gleichnamigen Stadt hätten Sicherheitskräfte auf der Suche nach Regimegegnern am Donnerstag außerdem rund 600 Menschen festgenommen.

Unterdessen dringt UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon auf eine rasche Aufklärung der Todesumstände des Generalsekretärs des Syrischen Roten Halbmonds, Abdal Razzak Jbeiro. Der Arzt war am Mittwoch ums Leben gekommen, als sein Auto auf einer Schnellstraße bei Damaskus von Unbekannten beschossen wurde. Die Täter müssten zur Rechenschaft gezogen werden, forderte Ban am Donnerstag in New York.

Warnung vor Eskalation

Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Nabil al-Arabi, warnte die syrische Führung vor einer weiteren Eskalation der Gewalt. Der Ägypter, der bisher kein Verfechter eines harten Kurses gegenüber Assad war, sagte in Kairo, er sei sehr besorgt über die Gewalt und die Kämpfe. Al-Arabi soll - auch auf Drängen der Deutschen im Sicherheitsrat - vom höchsten UNO-Gremium gehört werden. Zusammen mit dem Syrien-Beauftragten der Liga, dem katarischen Regierungschef Scheich Hamad bin Jassem al-Thani, wird er am Montag in New York erwartet. Westliche Staaten erhoffen sich von dem Besuch mehr Druck auf die Mitglieder des Rates, die Beschlüsse der Liga mitzutragen.

Die arabischen Staaten hatten am Wochenende einmütig einen neuen Plan für Syrien verabschiedet, in dem das Regime zum sofortigen Ende der Gewalt und demokratischen Reformen mit freien Wahlen aufgefordert wird. Der Plan geht sogar so weit, das Assad einen Teil seiner Macht an einen Stellvertreter abgeben soll.

"Der Wunsch der Arabischen Liga nach Unterstützung durch den Sicherheitsrat könnte das Blatt wenden und für den entscheidenden Impuls sorgen", sagte Deutschlands UN-Botschafter Peter Wittig dem arabischen Nachrichtensender Al-Arabiya. Man wolle "jetzt die Chance nutzen, um Brücken im Rat zu bauen". Europäische und arabische Diplomaten würden an einer "Umsetzung der Ligabeschlüsse für den Sicherheitsrat" arbeiten.

Dem Vernehmen nach könnte der Entwurf bereits an diesem Freitag von Marokko in den Sicherheitsrat eingebracht werden. Unklar ist aber, wann er abstimmungsreif werden könnte. Völlig ungewiss ist zudem, wie sich Chinesen und vor allem Russen verhalten. In Russland wird im März gewählt, und viele Politiker vertrauen auf antiwestliche Rhetorik im Wahlkampf. (APA)