London/Bielefeld - Bisher ist das Virus in Deutschland, Belgien und in den Niederlanden aufgetreten, nun wurden auch erste Fälle in Großbritannien bekannt. Der sogenannte Schmallenberg-Virus ist nahe mit dem Akabane-Virus verwandt und befällt Kühe, Ziegen und Schafe; dabei verursacht es schwere Krankheiten und Geburtsfehler. Übertragen wird es vermutlich durch Insektenstiche. Für den Menschen geht von dem Erreger nach Angaben von Experten nach bisherigen Erkenntnissen kein Gesundheitsrisiko aus. Der Virus wurde im vergangenen Herbst erstmals in Deutschland bei Tieren aus Schmallenberg im Sauerland nachgewiesen und erhielt so seinen Namen.

Nun soll rasch ein Impfstoff entwickelt werden, doch dies könne mindestens 18 Monate dauern. Für eine zügige Erforschung des Schmallenberg-Virus stellt das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) erstmals seine Erkenntnisse uneingeschränkt Fachinstituten und Pharmafirmen zur Verfügung. "Wir haben ganz bewusst darauf verzichtet, Patente auf unsere Entdeckungen zum Schmallenberg-Virus anzumelden", sagte der Präsident des Bundesforschungsinstituts für Tiergesundheit, Thomas Mettenleiter, am Donnerstag. "So geben wir sowohl die von uns entwickelten Untersuchungsmethoden als auch das Virusisolat frei."

Erstbeschreibung im November 2011

Das Institut veröffentlichte bereits das Protokoll für den Genomnachweis und Informationen über Genomsequenzen. Damit solle auch die Suche nach Impfstoffen beschleunigt werden. Das Institut auf der Insel Riems (Mecklenburg-Vorpommern) hatte den Erreger, der schwere Schädigungen bei neugeborenen Lämmern und Kälbern verursachen kann, im November 2011 erstmals diagnostiziert und beschrieben. Der Chef des Bundesforschungsinstituts dämpfte Erwartungen, dass schon in wenigen Monaten ein Impfstoff zur Verfügung stehen könnte.

"Wir haben es mit einer Tierseuche zu tun, die mittlerweile vier europäische Länder erfasst hat", sagte Mettenleiter. Nach Angaben des FLI sind bundesweit mehr als 50 Betriebe in sechs Bundesländern betroffen: neben Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Hessen und Schleswig-Holstein jetzt auch Baden-Württemberg. "Stündlich treffen neue Meldungen ein." Die Erkrankungen in den betroffenen Betrieben können laut Mettenleiter bis zu 30 Prozent der neugeborenen Tiere betreffen; viele kommen tot zur Welt.

Jahrelang unauffällig

Das Schmallenberg-Virus war weltweit erstmals im vergangenen Herbst in Mitteleuropa aufgefallen. "Evolution und evolutive Kräfte wirken auch in der Viruswelt und da kann ein Erreger neu entstehen", erläuterte Mettenleiter. So könnten verschiedene Viren ihre Gensegmente getauscht und die Basis für einen neuen Erreger gebildet haben. "Möglich ist auch, dass das Schmallenberg-Virus jahrelang unauffällig in einem Wildtierreservoir vorhanden war."

Die trächtigen Muttertiere hatten sich im Sommer und Herbst mit der Erkrankung, die wahrscheinlich durch Mücken übertragen wird, infiziert. Für Menschen besteht nach Einschätzung Mettenleiters keine Gefahr: "Bisher deutet nichts darauf hin, dass die Krankheit auf den Menschen übertragbar ist." (APA, red)