Athen/Davos - Seit Tagen kursiert das Gerücht. EU-Währungskommissar Olli Rehn nutzte das Weltwirtschaftsforum in Davos, um es offiziell zu bestätigen: Das zweite Rettungspaket für Griechenland muss wohl nochmal aufgestockt werden, um wie geplant die Schuldenlast des Landes von derzeit 160 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis 2020 auf 120 Prozent senken zu können.

"Es wird wahrscheinlich einen höheren Bedarf an öffentlicher Finanzierung geben, aber nichts Dramatisches", sagte Rehn. Hintergrund ist, dass sich der wirtschaftliche Ausblick Griechenlands zuletzt neuerlich verschlechterte.

Nachdem Rehn dies der Nachrichtenagentur Reuters anvertraut hatte, wurde er von allen Seiten bedrängt, mehr zu sagen, wie hoch denn der Verzicht der privaten Gläubiger insgesamt sei und was auf die EU-Staaten und die Europäische Zentralbank (EZB) nun zukomme. Zuletzt wurden nämlich Rufe laut, dass sich auch die EZB, die rund 45 Milliarden an griechischen Anleihen hält, am Schuldenerlass beteiligen soll.

Der Internationale Währungsfonds dementierte aber, die EZB zu diesem Schritt zu drängen. Rehn ließ sich mit Blick auf die laufenden Verhandlungen nicht mehr dazu entlocken. Er zeigte sich nur zuversichtlich, dass es "noch im Jänner" zu einer Einigung über das zweite Hilfspaket für Griechenland kommen werde.

Ursprünglich wurde das zweite Griechenland-Paket mit 130 Milliarden Euro beziffert. Experten rechnen nun damit, dass es um zwölf bis 15 Milliarden aufgestockt werden muss. Zusätzlich sollen die privaten Gläubiger auf 100 Milliarden Euro ihrer Ansprüche verzichten und im Gegenzug neue 30-jährige Griechen-Anleihen bekommen. Am Donnerstagabend wurde neuerlich über die Details verhandelt - es spießt sich vor allem am Zinssatz, den die EU auf unter vier Prozent drücken will.

Der bis vor kurzem amtierende EZB-Chef Jean-Claude Trichet sprach beim offenen Forum in Davos davon, dass die gegenwärtige Krise der Wirtschaft "die schwierigste seit dem Ersten Weltkrieg" sei. (afs, Reuters, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 27.1.2012)