Der Verfassungsschutz will durch die Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz Einzeltätern leichter auf die Spur kommen. Kritiker fürchten, dass damit unschuldige Einzelne zum Handkuss kommen.

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Wien - Die geplante Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) stößt bei der Journalistengewerkschaft auf scharfe Kritik. "Wir werden versuchen, auf alle im Nationalrat befindlichen Gewerkschafter aufklärend einzuwirken", sagt Journalistengewerkschaftsvorsitzender Franz C. Bauer zum Standard: "Die ins Auge gefassten Änderungen treffen unseren Berufsstand ins Mark."

Denn die Neuerungen in dem Gesetz, das die Kompetenzen der Polizei zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Ordnung regelt, seien extrem "schwammig formuliert". So sehr, dass die diskutierte Ausweitung der "Gefahrenerforschung", auf deren Grundlage der Verfassungsschutz Beobachtungen im gewaltbereiten und terrorverdächtigen Milieu durchführt, von - bisher - nur Gruppen auf - künftig - auch Einzelne eine kritische Berichterstattung verunmöglichen könne.

Bauer: "Es liegt in der Natur der Journalistenberufs, sich beim Recherchieren, etwa über politisch radikale Gruppen, gegebenenfalls auch über Strafbares in Kenntnis zu setzen. Das tut man als Einzelperson - und könnte laut SPG-Novelle ins Fadenkreuz des Verfassungsschutzes geraten." - mit Observierungsmaßnahmen wie Lauschangriff und Einsatz verdeckter Ermittler als Folge.

Die Gefahr der Einschränkung journalistischer Freiheit wäre selbst durch eine Ausnahmebestimmung nicht beseitigt, meint Bauer: "Journalismus lebt von Informanten, die als Einzelpersonen künftig gleichfalls gefährdet wären. Diese Novelle schürt ein Klima der Furcht."

Rubina Möhring (Reporter ohne Grenzen) und Fred Turnheim (Österreichischen Journalistenclub) teilen die Vorbehalte des Journalistengewerkschaftschefs. Diese fußen vor allem auf der geplanten Änderung von Paragraf 21, Absatz 3 des Sicherheitspolizeigesetzes.

Dort wird die "Beobachtung einer Person" an die Voraussetzungen geknüpft, dass sich jemand öffentlich, schriftlich oder elektronisch "für Gewalt gegen Menschen, Sachen oder die verfassungsmäßigen Einrichtungen ausspricht" - oder aber "Mittel und Kenntnisse" erwirbt, die Sachen oder Menschen gefährden. Sei "damit zu rechnen", dass damit "Gewalt herbeigeführt" werden soll, habe der Verfassungsschutz auf den Plan zu treten.

Ministerium will beruhigen

"Dieser Passus ist missbrauchssicher", beruhigt ein Sprecher des Innenministeriums. Es sei klar definiert, dass nur im Fall eines "Aufrufs zur Gewalt" ausgespäht werden solle. Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser bezweifelt dies: "Diese Regelung und die gesamte Novelle sind überschießend und missbrauchsanfällig."

Sollte die SPG-Novelle beschlossen werden, so tunlichst mit "besseren Rechtsschutzbestimmungen", fordert er. Die am Mittwoch vom Innenministerium angekündigte Präzisierung der Aufgaben des Rechtsschutzbeauftragten bei derlei Beobachtungen seien "unzureichend". (Irene Brickner, DER STANDARD, Printausgabe, 27.1.2012)