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Ein Palästinenser zeigt Journalisten von der israelischen Armee demolierte Wellblechhütten bei der jüdischen Siedlung Karmiel in der Nähe von Hebron im Westjordanland.

Foto: APA/EPA/Hashlamoun

Bei fünf Treffen von Israelis und Palästinensern unter jordanischer Schirmherrschaft konnten sich die beiden Seiten einmal mehr nicht darauf einigen, worüber sie sprechen: über Grenzen oder Sicherheit.

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Die beiden Seiten waren sich nicht einmal darüber einig gewesen, ob sie wirklich "Verhandlungen" führten und wie groß der Zeitrahmen dafür war, von den inhaltlichen Differenzen ganz zu schweigen. Ohne irgendein verlautbartes Ergebnis ging Mittwoch Nacht eine Serie von israelisch-palästinensischen Sondierungstreffen in Amman zu Ende. Unter jordanischer Schirmherrschaft waren der israelische Emissär Jizchak Molcho und der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat seit 3. Jänner insgesamt fünfmal zusammengekommen.

Laut Palästinensern ist nun eine Frist abgelaufen, die das Nahost-Quartett (Uno, USA, EU, Russland) den beiden Seiten für die Vorlage von "umfassenden Vorschlägen" setzte. Die Palästinenser signalisieren, dass sie keinen Sinn in weiteren Gesprächen sehen, und Präsident Mahmud Abbas will sich nächste Woche von der Arabischen Liga Rückendeckung für seine nächsten Schritte holen. Premier Benjamin Netanjahu erklärte hingegen, Israel versuche "zu gewährleisten, dass die Gespräche zwischen uns und den Palästinensern weitergehen werden - das ist unser Wunsch."

Offenbar um eine Festlegung auf die Linien von 1967 als Verhandlungsbasis zu erreichen, hatten die Palästinenser darauf bestanden, dass Israel vorneweg seine Positionen über die künftige Grenzziehung präsentieren müsste. Die Israelis wollten aber zunächst über Sicherheitsfragen sprechen. "Wenn unsere Grenze definiert sein wird, wird jeder wissen, was seine Grenzen sind" , sagte Abbas zuletzt, "und was die Sicherheit betrifft, sind wir bereit, alle Wünsche Israels zu erfüllen, unter der Bedingung, dass kein Israeli auf dem Boden Palästinas sein wird" - eine Anspielung auf Netanjahus Forderung nach einer permanenten israelischen Militärpräsenz im Jordantal.

Immerhin waren Israelis und Palästinenser nun in Amman nach einer Unterbrechung von mehr als einem Jahr zum ersten Mal wieder offiziell an einem Tisch gesessen. Man hatte aber offenbar ohne Erwartungen nur mitgespielt, um vor der internationalen Gemeinschaft nicht als Nein-Sager dazustehen. Zu wirklichen Verhandlungen wären die Palästinenser nach wie vor nur unter der Vorbedingung bereit, dass Israel formal den Siedlungsausbau stoppt.

Israel wirft den Palästinensern vor, sie suchten nach "Vorwänden", um die Verhandlungen zu umgehen. Im September hatte Abbas bei der Uno die Aufnahme Palästinas als Vollmitglied beantragt, zu einer Abstimmung darüber ist es aber bisher nicht gekommen. Vor der nun beendeten Gesprächsserie hatte Abbas für den Fall des Scheiterns von "anderen Möglichkeiten" gesprochen. Man spekuliert etwa über einen neuerlichen Vorstoß bei der Uno, eine "diplomatische Kampagne" gegen Israel oder Massendemonstrationen nach dem Vorbild des "Arabischen Frühlings". (Ben Segenreich aus Tel Aviv, DER STANDARD, Printausgabe, 27.1.2012)