Kreuzungsexperimente kurz- und langlebiger Stämme von Nothobranchius furzeri aus Simbabwe bzw. Mosambik brachten neue Hinweise darauf, welche Gene für die Lebenserwartung verantwortlich sind.

GGrafik: K. Wagner / FLI; Foto: K. Reichwald / FLI

Die Lebenserwartung wird von umweltbedingte Faktoren und in hohem Maß von den Genen bestimmt. Welche Gene dies genau sind, daran forscht man bereits seit Jahrzehnten. Deutsche Wissenschafter sind auf der Suche nach diesen Erbinformationen nun einen entscheidenden Schritt weiter gekommen: Die Forscher haben bei Kreuzungsexperimenten im Genom eines sehr kurzlebigen afrikanischen Fisches erstmals Bereiche ausfindig gemacht, wo die Information für die Lebensdauer verschlüsselt ist.

Die Lebensspanne eines jeden Lebewesens variiert von Art zu Art sehr stark. Galapagos-Riesenschildkröten können zum Beispiel mehr als 200 Jahre alt werden; auch der Mensch mit einer Lebenserwartung von etwa 80 Jahren ist als langlebig anzusehen. Demgegenüber sind der Fadenwurm mit einem Durchschnittsalter von wenigen Wochen oder die Fruchtfliege mit ca. 45 Tagen ausgesprochen kurzlebig.

Ebenfalls eine extrem kurze Lebensspanne zeigt der aus Ostafrika stammende Fisch der Türkise Prachtgrundkärpfling (Nothobranchius furzeri), der als neuer Modellorganismus für die Erforschung des Alterns am Leibniz-Institut für Altersforschung - Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena genutzt wird. Die Lebensdauer von N. furzeri ist perfekt an das afrikanische Habitat angepasst und variiert zwischen 3 (kurzlebige Populationen, Regenzeit ca. 3 Monate) und 8 Monaten (langlebigere Populationen, Regenzeit mindestens 8 Monate). Selbst unter optimalen Bedingungen im Laboraquarium, also bei ständiger Verfügbarkeit von Wasser und bester Fütterung, lebt der Fisch ähnlich kurz wie in Afrika. Die Information über die extrem kurze Lebensdauer muss also irgendwo im Genom gespeichert sein.

Kreuzungsexperimente

Auf der Suche nach Bereichen im Genom, die Informationen für die Lebenserwartung von Organismen tragen, sind die Wissenschaftler des Leibniz-Instituts für Altersforschung nun erstmals einen großen Schritt vorangekommen. Die Jenaer führten Kreuzungsexperimente mit dem Fisch N. furzeri durch und zeichneten die Lebensspanne der Nachkommen auf. In Zusammenarbeit mit Kollegen von der Christian-Albrechts-Universität in Kiel bestimmten sie anschließend in deren Genom eine Vielzahl genetischer Marker.

Durch die systematische, genomweite Analyse dieser Marker konnten die Forscher auf vier verschiedenen Chromosomen des N. furzeri Bereiche identifizieren, in denen sich mit großer Wahrscheinlichkeit genetische Determinanten für die Lebenserwartung befinden. "Der Fisch Nothobranchius furzeri ist - neben der Maus - damit das einzige Wirbeltier, in dem bisher durch Kreuzung die Identifizierung solcher Regionen, die für das Lebensalter entscheidend sind, gelungen ist," erklären die Wissenschafter vom FLI.

Zehn Faktoren

Die identifizierten Genombereiche sind allerdings recht groß. "Sie beinhalten hunderte Gene, so dass die Identifizierung der ursächlichen Faktoren nun eine neue große Herausforderung darstellt", merkt Kathrin Reichwald, Projektleiterin am FLI, an. "Mit unseren Kreuzungsexperimenten konnten wir jedoch zeigen, dass etwa zehn Faktoren für die Lebenserwartung von N. furzeri eine Rolle spielen", so Reichwald weiter. Um diesen auf die Spur zu kommen, werden derzeit in den gefundenen Regionen alle Gene systematisch untersucht und auch Vergleiche mit nahe verwandten Fischarten durchgeführt. Damit konnte die Größe der bedeutsamen Bereiche bereits um etwa 40 Prozent reduziert werden.

Gelingt es letztlich, die zugrundeliegenden Gene zu identifizieren, kann man durch deren gezielte Veränderung ihren Einfluss auf die Lebensspanne genauer untersuchen. Da sowohl Fisch als auch Mensch zu den Wirbeltieren gehören, gehen die Forscher davon aus, dass für die meisten in N. furzeri gefundenen Gene auch ein menschliches Pendant identifiziert werden kann. (red)