LibreOffice 3.5 bringt vereinfachte Editier-Möglichkeiten für Kopf- und Fußzeilen.

Screenshot: Andreas Proschofsky

Wer will, kann künftig Updates für die Software automatisch herunterladen lassen.

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In Calc lassen sich Tabellen nun direkt über das Kontextmenü eines Blattes schützen.

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Für längere Passagen gibt es einen Multizeileneditor in Calc.

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Das neue Farbpipetten-Tool von LibreOffice 3.5.

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Nicht druckbare Zeichen werden jetzt bei langen Textzeilen hinter dem Ende einer Zeile dargestellt.

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Der Autofilter-Dialog wurde neu gestaltet, damit ist es nun auch möglich, mehrere Einträge auf einmal auszuwählen.

Grafik: LibreOffice

LibreOffice 3.5 kann jetzt MS-Visio-Dokumente importieren.

Grafik: LibreOffice

Ein reibungsloses Update ist nur von der Version 3.4.5 möglich, sonst muss unter Windows die alte Version zuerst deinstalliert werden.

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Direkt nach der Abspaltung von OpenOffice.org hatte sich das LibreOffice-Projekt um einen besonders schnellen Veröffentlichungsrhythmus bemüht. Der Version 3.3 Ende Jänner 2011 ließ man bereits Anfang Juni des gleichen Jahres die Ausgabe 3.4 folgen. Nach dieser Phase der Konstituierung fasste man allerdings rasch den Beschluss, künftig einen fixen Zeitplan zu etablieren, wie ihn ja auch viele andere Open-Source-Projekt nutzen. Alle sechs Monate soll es also fürderhin eine neue Ausgabe von LibreOffice geben.

Ausgedehntes Warten

Da man sich dabei auch mit anderen großen Unterfangen - wie dem Desktop GNOME sowie den Distributionen Fedora und Ubuntu - abgleichen will, hatte dies zur Folge, dass die NutzerInnen auf LibreOffice 3.5 etwas länger warten mussten. Rund acht Monate nach der letzten Major Release ist es nun so weit: Eine neue stabile Generation des freien Office steht ab sofort zur Verfügung.

Aufräumarbeiten prolongiert

Einen der großen Schwerpunkte der Entwicklung stellen weiterhin die Aufräumarbeiten am Code dar, immerhin gilt es, vieles auszumisten, das sich in der langen Geschichte der Software - der Vorläufer StarOffice hat seine Wurzeln immerhin in der Mitte der 90er Jahre - angesammelt hat. Doch auch jenseits dieser Anstrengungen bringt LibreOffice 3.5 wieder eine Fülle an Verbesserungen mit sich.

Writer

So kann die Textverarbeitungskomponente Writer mit einem vereinfachten Interface für Modifikationen an Kopf-/Fußzeilen aufwarten, diese können nun direkt in der Dokumentenansicht vorgenommen werden. Die "Non-printable Characters" werden nun bei langen Zeilen erst hinter dem Ende dieser dargestellt, womit vor allem die Änderung von Leerzeichen am Ende einer Zeile vereinfacht werden soll. Die "Wortstatistik" zählt nun "live" beim Tippen mit, beim Druckdialog ist automatisch die aktuell angezeigte Seite eingetragen, wenn man sich dafür entscheidet, nur einen Ausschnitt des aktuellen Dokuments zu drucken.

Grammatik

Es gibt diverse Verbesserungen an der Grammatikprüfung, so werden nun Tipps direkt im Dialog angezeigt, zudem erhalten Englisch, Russisch und Ungarisch mit "Lightproof" gleich eine ganz neue Lösung in diesem Bereich. Ein verbessertes Zusammenspiel mit der Microsoft-Welt versprechen Im- und Export von Kommentaren in das Office-Open-XML-Format. An den Libertine Fonts wurden diverse typografische Verbesserungen vorgenommen und die Liberation-Schriften werden jetzt auch unter Windows von Haus aus mitgeliefert.

Calc

Die Tabellenkalkulation Calc erweitert einmal mehr ihre Grenzen, bis zu 10.000 Blätter darf ein Dokument jetzt haben. Ursprünglich wollte man sogar 32.000 Blätter unterstützen, wovon man allerdings wegen des damit verbunden extrem hohen Speicherverbrauchs (auf 32-Bit-Systemen lässt sich so ein Dokument aufgrund der dort vorhandenen RAM-Limitierungen kaum mehr öffen) wieder abgegangen ist. Dazu passend wurde ein Einstellungspunkt für die Default-Anzahl von Blättern in neuen Dokumenten aufgenommen, hier setzt man eine Obergrenze von 1.024 an, der voreingestellte Wert liegt bei für normale Umstände sinnvolleren drei.

Mehrzeiler

Für länger Zellentexte gibt es jetzt eine Multi-Zeilen-Eingabe, um die Übersichtlichkeit zu erhöhen. Der Autofilter-Dialog wurde grafisch vollkommen neu gestaltet, in diesem Zuge hat man es auch ermöglicht, mehrere Einträge auf einmal auszuwählen. Das "Schützen" einer Tabelle ist mit LibreOffice 3.5 jetzt direkt über das Kontextmenü des aktuellen Blattes erreichbar, zudem verspricht man einen besseren Umgang mit Fehlern, etwa wenn extern verlinkte Objekte fehlen.

ODF

Viele der Neuerungen von Calc spielen sich um die Unterstützung der Version 1.2 des Dokumentformats ODF ab: So wurde die Glättung bei Liniendiagrammen verbessert und es gibt einige zusätzliche Funktionen, etwa BITAND, BITOR, BITXOR BITRSHIFT und BITLSHIFT oder auch SEC, CSC, SECH und CSCH. Zu all dem kommen noch zahlreiche Performance-Optimierungen für Calc, die sich nicht zuletzt beim Import von Dokumenten bemerkbar machen sollen.

Grafisches

Bei der Grafikfähigkeiten dürfen sich die NutzerInnen endlich über die Unterstützung von elliptischen Bogen in Pfaden freuen, bisher wurden diese einfach ignoriert. Erhebliche Verbesserungen gab es darüber hinaus für den Import von benutzerdefinierten Formen, von beiden genannten Neuerungen profitiert nicht zuletzt die Kompatiblität zu Powerpoint. Die Präsentationskomponente Impress startet mit der neuen Version nicht länger von Haus aus den bekannten "Wizard" sondern einfach mit einem leeren Dokument. Die entsprechende Hilfestellung ist aber weiterhin über einen Menüeintrag zu erreichen. Versteckte Folien werden beim Export in ein PDF jetzt weggelassen, wer will kann sie optional aber weiterhin mitwandern lassen. Sehr erfreulich zudem, dass Farbpaletten jetzt direkt in abgespeicherte Dokumente eingebettet werden, bisher wurden diese extern abgelegt und verlinkt.

PostgreSQL

Die Datenbankkomponente Base darf sich über Support für PostgreSQL-Datenbanken freuen. Dieser ist zwar explizit noch als unfertig ausgewiesen, ist aber schon jetzt bei einfachen Aufgaben deutlich flotter als die alteingesessenen Lösungen JDBC/ODBC. Allgemein für das gesamte Softwarepaket neu ist der offizielle Support von Java7 (bzw 1.7), wer auch noch die Vorgängerversion Java6 installiert hat, kann zwischen beiden in den Einstellungen wechseln.

Verschlüsselung

In Fragen Dokumentverschlüsselung setzt man künftig auf den weit verbreiteten AES-Algorithmus statt dem bisher genutzten Blowfish. Diese Entscheidung hat allerdings auch gewissen Konsequenzen für die Rückwärtskompatibilität: Mit LibreOffice 3.5+ verschlüsselte Dokumente können mit allen Versionen der Software bis inklusive der Ausgabe 3.4.4 nicht mehr geöffnet werden. Allerdings hat man zumindest sichergestellt, dass das aktuellste Update der 3.4-Serie -LibreOffice 3.4.5 - bereits AES-Support bietet. Dies ist für all jene wichtig - etwa Unternehmen - die lieber etwas warten bis sie auf eine neue Generation des freien Office wechseln bzw. dieses Upgrade schrittweise durchführen.

Vermischtes

Ganz neu hinzugekommen ist ein Import-Filter für MS-Visio-Dateien, zudem wurde der RTF-Import für den Writer vollständig neu geschrieben, viele lang bestehende Probleme dabei ausgebessert. In diesem Zuge hat man auch gleich den .docx-Support von LibreOffice erweitert. Signifikante Änderungen am Interface der Office-Suite gibt es hingegen nicht zu berichten, die mit LibreOffice 3.5 in diesem Bereich vorgenommenen Modifikationen halten sich im sehr überschaubaren Rahmen. Im Toolbar wurden die unnötigen Knöpfe am Ende der Button-Leiste entfernt, zudem wurde die Farbpipette der Anwendung zur Gänze neu implementiert. Manche Hilfsgrafiken in Dokumenten werden jetzt semitransparent dargestellt, der Warndialog beim Abspeichern in ein nicht-natives Dokumentformat wurde umgestaltet. Eine grundlegende Umgestaltung von Menüs, Toolbar oder auch Einstellungen sucht man - trotz laufender Diskussionen zu diesem Thema - bislang allerdings vergebens.

GTK+3

Zumindest tut sich unter der Haube so manches in Hinblick auf den grafischen Aufbau der Oberfläche: So wurde das Unix-Backend für VCL, das bei LibreOffice für den Interface-Aufbau zuständig ist, erheblich ausgemistet und umgeschrieben. Dies im Zuge der Portierung auf die Version 3 des GTK+-Toolkits, die zwar derzeit noch als experimentell anzusehen ist, aber auch über den Linux-Desktop hinaus Relevanz besitzt. Dank dem Broadway-Backend von GTK+3, welches das Interface einer Anwendung als HTML5 ausgeben kann, soll sich künftig ein vollständiges LibreOffice direkt im Browser nutzen lassen. Einen entsprechenden Web-Office-Prototypen hatte man schon vor einigen Monaten erstmals demonstriert.

Updates

Nett auch, dass es jetzt einen tatsächlich funktionstüchtigen Update-Check gibt. Die NutzerInnen können dabei individuell festlegen, wie oft nach neuen Version der Software gesucht werden soll, wer will kann diese Updates auch gleich automatisch herunterladen. Für die Zukunft bleibt zu hoffen, dass inkrementelle Updates unterstützt werden, immerhin ist es nicht sonderlich erbaulich bei jedem kleinen Bugfix-Update aufs Neue die rund 200 MByte für den vollständigen Installer (unter Windows und Mac) herunterladen zu müssen.

Bugs

Weniger erfreulich ist hingegen, dass so manch nerviger Bug aus der vorherigen Version noch immer besteht: Nach dem ersten Start der neuen Version meckert LibreOffice unter Windows, wenn kein Java installiert ist. Der wenig hilfreiche Dialog darf dabei getrost ignoriert werden, ab dem zweiten Start arbeitet die freie Office-Suite auch ohne dessen Vorhandensein tadellos. Nervig ist das aber trotzdem allemal. Auch das Update von älteren LibreOffice-Releases geht nicht immer reibungslos, wer aktuell eine Version vor 3.4.5 installiert hat, muss diese zunächst deinstallieren, bevor sich LibreOffice 3.5 einrichten lässt. Bleibt zumindest der Trost, dass man diesen Fehler mittlerweile im Griff zu haben scheint.

Download

LibreOffice 3.5.0 steht ab sofort in Versionen für Windows und Linux (jeweils in 32- und 64-Bit-Ausführungen) sowie für Mac OS X (Intel- und PowerPC-CPUs) auf der Seite des Projekts zum Download. Weitere Bugfix-Updates sollen im monatlichen Rhythmus veröffentlicht werden, eine neue Softwaregeneration steht dann wieder im August mit LibreOffice 3.6.0 an. (, derStandard.at, 14.2.2012)