Wien - Für Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) hat die Erstellung einer "Liste der Schande" mit den Namen von Steuersündern keine Priorität. "Wir setzen auf die Betrugsbekämpfung und auf die Kontrollen", hieß es am Donnerstag in seinem Büro. "Das ist das effektivere Mittel, das einzubringen." In der SPÖ-Parteizentrale erklärte man, anders als zuvor SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter, dass der Wunsch nach einer solchen Liste "nicht Parteilinie" sei, denn sie würde kein Geld bringen und wäre zudem "rechtlich fragwürdig". Aus den Bundesländer-SPÖs kamen gemischte Signale.

Zuvor hatte sich Nationalratspräsidentin Barbara Prammer (SPÖ) skeptisch gezeigt. Die Situation in Griechenland, woher sich Befürworter der "Schandenliste" ja ihre Inspiration holen, sei mit jener in Österreich "Gott sei Dank nicht vergleichbar", hatte Prammer in der "Zeit im Bild 2" gesagt. Ein öffentlich Machen hielte sie für eine "sehr problematische Angelegenheit. Die Finanzbehörden würden auch gute Arbeit leisten, allerdings könne man darüber nachdenken, "die Strafen zu erhöhen".

OÖ nicht ganz dagegen

Etwas anders sieht das Prammers Heimatpartei, die SPÖ Oberösterreich. Deren Ansicht nach wäre eine "Liste der Schande" geeignet zur "Stärkung der Solidarität im Land", so Landesgeschäftsführer Christian Horner. Der Betrug an der Gesellschaft müsse stärker thematisiert werden. Auch in Vorarlberg ist die SPÖ für eine solche Liste. Steuerhinterziehung sei Diebstahl an den Steuerzahlern, erklärte Landesgeschäftsführer Reinhold Einwallner in einer Aussendung. Es brauche eine konsequente Bekämpfung des Abgabenbetrugs.

Die steirische SPÖ dagegen positionierte sich ablehnend: von einer "Liste der Schande" halten wir nichts", so Parteigeschäftsführer Anton Vukan. Allerdings müsse jedenfalls "öfter und strenger geprüft" werden "mit dem Ziel, Lücken zu schließen. Differenziert geht Kärntens SPÖ-Landesparteiobmann Peter Kaiser an das Thema heran. Einer "Liste der Schande" könne er durchaus etwas abgewinnen, aber dies müsste ein Schritt in Richtung eines "skandinavischen Modells" sein, meinte er. In Schweden würden die Jahreseinkommen aller Bürger im Internet veröffentlicht und damit Transparenz erzeugt, erläuterte er. "Es geht vor allem darum, das Bewusstsein zu schaffen, dass Steuerhinterziehung kein Kavaliersdelikt, sondern ein Betrug an der Allgemeinheit ist", sagte Kaiser.

Keine Position war bei den Wiener und niederösterreichischen Sozialdemokraten zu erkunden: "Kein Kommentar" hieß es in der Bundeshauptstadt, der niederösterreichische Landesgeschäftsführer Günter Steindl wollte sich auch nicht äußern, hielt aber fest, man solle Steuerschulden "mit Vehemenz eintreiben".

Burgstaller auch dagegen

 

Salzburgs Landeshauptfrau Gabi Burgstaller (SPÖ) ist in Sachen "Liste der Schande" auf Parteilinie. Sie habe "großes Verständnis für den Zorn der Bürgerinnen und Bürger über Steuerhinterziehung im großen Stil, zum Beispiel in Griechenland". Dennoch sei aus ihrer Sicht die Veröffentlichung einer "Liste der Schande" nicht der richtige Weg, sagte die Landeshauptfrau. Während Tirols Landeschef Hannes Gschwentner ebenfalls skeptisch ist, findet der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl an dieser Idee durchaus gefallen.

Auf APA-Anfrage meinte Niessl, er könne sich "eine 'Liste der Schande' sehr gut vorstellen": Schließlich sei Steuerhinterziehung ein Vergehen an jedem einzelnen Steuerzahler und jeder einzelnen Steuerzahlerin. "Wer breitere Schultern hat, soll für das Gemeinwohl im Verhältnis gesehen auch mehr mittragen", meinte Niessl. Notwendig sei ein "sozialer Patriotismus": "Wir brauchen wieder mehr soziale Balance und den Spekulanten, die Millionenbeträge am Fiskus vorbei schaffen, muss das Handwerk gelegt werden."

Für Burgstaller der richtige Weg ist "eine klare Gesetzgebung, die keine Möglichkeit für 'Steuerlücken' eröffnet. Zweitens brauchen wir eine konsequente Umsetzung der Steuergesetzgebung, dazu ist eine optimale Ausstattung der Behörden und Finanzämter notwendig. Und drittens brauchen wir ein gesellschaftliches Bewusstsein, dass es null Toleranz für Steuerhinterziehung gibt", sagte die Landeshauptfrau.

Der Tiroler SP-Chef Gschwentner steht einer Liste für Steuersünder ebenfalls kritisch gegenüber. Steuerhinterziehung und Steuerschuld seien "gleich schändlich wie Betrug", betonte er. Es stelle sich jedoch die Frage, warum der Staat nicht in der Lage sei, Steuerschulden einzutreiben, wenn die Namen der "Sünder" bekannt seien. Eine "Liste der Schande" würde zwar den "Voyeurismus mancher Menschen" befriedigen, trage aber nichts zur Eintreibung des Geldes bei, erklärte Gschwentner. (APA)