Aufruf zur Kundgebung von "Jetzt Zeichen setzen".

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Die Route der NoWKR-Demonstration, die um 17.00 Uhr am Christian-Broda-Platz beim Westbahnhof beginnt.

Die Route der "Offensive gegen Rechts"-Demo.

Wie viele Kundgebungen gegen den WKR-Ball wird es heute Abend geben?

Laut Wiener Polizei sind Freitagabend drei Versammlungen angemeldet und genehmigt worden - am Heldenplatz, am Christian-Broda-Platz beim Westbahnhof und am Schottentor. Darüber hinaus sei keine Versammlung angemeldet worden, heißt es. Für 18.30 Uhr ruft die Plattform "Jetzt Zeichen setzen", der zahlreiche NGOs, aber auch SPÖ, Grüne, kirchliche Organisationen und die Israelitische Kultusgemeinde (IKG) angehören, zur Kundgebung auf den Heldenplatz. Am Westbahnhof startet um 17.00 Uhr die Demo der Plattform NoWKR, und um 18.00 Uhr trifft sich die "Offensive gegen Rechts" am Schottentor beim Hauptgebäude der Universität. Während die Heldenplatz-Demo in Form einer Standkundgebung abgehalten wird, werden die anderen beiden Protestversammlungen sich jeweils durch einen Teil der Innenstadt bewegen - zu den Routen siehe Grafiken links.

Warum gleich mehrere (kleinere) und nicht nur eine (große)?

Zwar richten sich alle Kundgebungen gegen den WKR-Ball, doch ist der Fokus der Kritik jeweils unterschiedlich weit angelegt. Die Kundgebung am Heldenplatz will dagegen protestieren, dass als rechtsextrem eingestufte Verbindungen einen Festakt in der Wiener Hofburg begehen dürfen, und das noch dazu am Gedenktag der Auschwitz-Befreiung. Die "Offensive gegen Rechts" (OGR) wiederum versteht sich als breites Bündnis diverser Gruppen, quasi als gemeinsamen Nenner der Kritik.

Dagegen legt die Kundgebung am Europaplatz beim Westbahnhof (Beginn 17.00 Uhr) die Kritik grundsätzlicher an: Nicht nur gegen die Hofburg als Veranstaltungsort und gegen die Terminwahl wird protestiert, sondern gegen den Boden, auf dem rechtsextremes Gedankengut sprießen könne, so die Argumentation. Man wolle nicht "Nazi-Polizei spielen", heißt es etwa auf antifa.net, denn der WKR-Ball sei in Wahrheit der Auswuchs einer gesellschaftlichen Tendenz: "Im kleinen Kreis wird dann ausprobiert, wonach es insgeheim gar nicht so wenig Österreicher sehnt: Eine Welt für 'echte Kerle', ganz ohne 'Emanzen, Homos und Ausländer'", heißt es im entsprechenden Aufruf zur Demonstration. 

Im Vorfeld hatte die FPÖ den Vorwurf, am WKR-Ball würden antisemitische Tendenzen gepflegt, an die DemonstrantInnen zurückgespielt: Unter den VeranstalterInnen der Protestkundgebungen, so FPÖ-Abgeordneter Harald Stefan, fänden sich "Gruppierungen, die etwa radikal gegen den Staat Israel auftreten". Stimmt das?

Was stimmt, ist, dass Teile der antifaschistischen Bewegungen im Vorfeld aus dem "Offensive gegen Rechts"-Bündnis ausgetreten sind, weil sie bei vier der dort vertretenen Bewegungen antisemitische Tendenzen geortet haben. So sei beispielsweise dem "ArbeiterInnenstandpunkt" vorzuwerfen, die palästinensische Organisation Hamas zu unterstützen, heißt es. Dies sei laut VertreterInnen des NoWKR-Bündnisses  mit einem Protest gegen den Antisemitismus der Burschenschafter unvereinbar. Der FPÖ-Abgeordnete spielte also auf eine auf den Websites der Plattformen nachvollziehbare Diskussion innerhalb der antifaschistischen Bewegungen an. Dies ändert freilich nichts daran, dass schlagende Studentenverbindungen in der Vergangenheit wiederholt als Veranstalter revisionistischer Vorträge aufgetreten sind und Holocaust-Leugner wie David Irving nach Wien eingeladen haben.

Das Landesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (LVT) rechnet bei den Demos mit "rund 300 Teilnehmern aus Deutschland". Wie das?

Grundsätzlich ist zu sagen, dass der WKR-Ball weit über Österreichs Grenzen hinaus Beachtung findet, da er als Treffpunkt der europäischen extremen Rechten gilt. Daher verwundert es nicht, dass sich auch antifaschistische Organisationen aus dem - vor allem, aber nicht nur - deutschsprachigen Ausland in Wien einfinden, um gegen den Ball zu protestieren. Das deutsche Bündnis "ums Ganze" spricht von Busreisen ab Berlin, Bremen, Frankfurt/Main und Potsdam.

Wie viele Polizisten und Polizistinnen werden im Einsatz sein?

Die Wiener Polizei gibt hierzu generell keine Zahlen bekannt. Jedenfalls werden laut deren Sprecher Johann Golub Kräfte aus Niederösterreich, dem Burgenland, Oberösterreich und der Steiermark hinzugezogen werden. "Es werden ausreichend ordnungsdienstliche und verkehrsdienstliche Kräfte zur Verfügung stehen", so Golub. 

Wo verlaufen die Trennlinien zwischen der Heldenplatz-Kundgebung und den circa 3.000 WKR-Ballgästen?

Grundsätzlich hat die Polizei ein Platzverbot ausgesprochen (siehe Karte links). Direkt auf dem Heldenplatz wird eine Polizeiabsperrung errichtet werden, diese werde sich "ungefähr auf der Höhe der Reiterdenkmäler" befinden, sagt Golub. Die Kundgebung wird auf der dem Ring zugewandten Seite des Heldenplatzes stattfinden, die Ballgäste werden die Hofburg auf der gegenüberliegenden Seite betreten. 

Warum sorgte es für heftige Kritik, dass der WKR-Ball heuer am 27. Jänner stattfindet?

Am 27. Jänner jährt sich die Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau, er wurde zum internationalen Holocaust-Gedenktag der UNO erklärt. Dass am selben Tag Studentenverbindungen mit einer unklaren Abgrenzung zum Antisemitismus in der Hofburg feiern, wird als Affront betrachtet. Die Israelitische Kultusgemeinde lädt im Namen der Plattform "Jetzt Zeichen setzen" am Freitag von 10.00 bis 12.00 Uhr zum Gedenken der Auschwitz-Befreiung am Heldenplatz ein. (Maria Sterkl, derStandard.at, 26.1.2012)