Washington - Die US-Notenbank Fed gibt sich erstmals in ihrer fast hundertjährigen Geschichte ein Inflationsziel. Sie peile langfristig eine Teuerungsrate von zwei Prozent an, teilte die Federal Reserve (Fed) am Mittwoch in Washington mit. Bis dato hatte die Fed diese Zielmarke zwar verfolgt, jedoch nicht offiziell in ihren Zielkatalog aufgenommen. Andere wichtige Notenbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB) und die Bank von England haben seit vielen Jahren Inflationsziele - teils selbst gewählt wie bei der EZB, teils von der Regierung vorgegeben wie bei den Briten. Zielwert der Eurohüter ist eine Inflation von knapp unter zwei Prozent.

Nullzinspolitik bis 2014

Weitere Überraschung in Washington: Die US-Notenbank will ihre Nullzinspolitik nun sogar bis mindestens Ende 2014 beibehalten und damit deutlich länger, als an den Börsen erwartet worden war. Vor diesem Zeitpunkt sei wegen der schwierigen konjunkturellen Lage wahrscheinlich nicht mit einer Zinserhöhung zu rechnen, teilte die Fed nach einer Sitzung ihres für die Geldpolitik zuständigen Offenmarktausschusses (FOMC) mit. Den Leitzins beließ die Fed bei 0 bis 0,25 Prozent. Nach der Zinsentscheidung gab der Dollar zum Euro nach, Kurse von US-Staatsanleihen legten deutlich zu.

Bisher hatte sich die Fed darauf festgelegt, den Leitzins bis "Mitte 2013" auf dem gegenwärtigen rekordniedrigem Niveau zu halten. Fed-Chef Ben Bernanke wollte sich am Abend vor der Presse in Washington zu den Beschlüssen äußern. Zuvor werden erstmals in der Geschichte der Fed die Erwartungen der Mitglieder des FOMC für die künftige Zinsentwicklung und für den Zeitpunkt der ersten Zinsänderung publiziert. Ein wegen des Rotationsverfahrens erst seit Anfang Jänner im FOMC vertretener Notenbanker, der Chef der regionalen Fed von Richmond, Jeffrey Lacker, votierte gegen die extrem lange Festlegung auf das rekordniedrige Zinsniveau. Dieses hält die Fed nun schon seit Dezember 2008.

Aussichten weiter trüb

Unter anderem wegen der Schuldenkrise im Euroraum hat die US-Notenbank am Mittwoch ihre Wachstumsprognose für die US-Wirtschaft in diesem und im nächsten Jahr nach unten korrigiert. Für heuer erwartet die Fed nun ein BIP-Plus von 2,2 bis 2,7 Prozent. Das sind 0,2 Prozentpunkte weniger als im November. Für 2013 rechnet die Notenbank mit 2,8 bis 3,2 Prozent Wachstum, während die Prognose vor zwei Monaten noch bei 3,0 bis 3,5 Prozent gelegen war. Für 2014 erwarten die Währungshüter ein Wachstum von 3,3 Prozent bis 4,0 Prozent.

Die Notenbank erklärte am Mittwoch, dass die Wirtschaft zwar "moderat" gewachsen sei. Allerdings seien die Investitionen in den Privatsektor wieder etwas erlahmt, außerdem liege der US-Immobilienmarkt weiter am Boden.

Auch die Probleme in der Eurozone und die damit verbundenen Risiken für die US-Wirtschaft trüben für die Notenbanker in Washington das Bild. "Wir sehen weiter Gegenwind aus Europa kommen", sagte Bernanke in einer Pressekonferenz.

Für die an den Finanzmärkten stark beachteten Lage am Arbeitsmarkt rechnet die US-Notenbank nicht mit einer schnellen Verbesserung. Am Ende des Jahres dürfte die Arbeitslosenquote bei 8,2 Prozent bis 8,5 Prozent liegen, hieß es in der Mitteilung. Für US-Maßstäbe ist dies eine nach wie vor sehr hohe Arbeitslosigkeit. Längerfristig wollte die Fed keine Prognose abgeben.

Bei den für die künftige Entwicklung der Geldpolitik wichtigen Verbraucherpreisen rechnet die Fed in den kommenden Monaten mit einer "gedämpften" Inflation. Im kommenden Jahr erwarten die Währungshüter die Kerninflationsrate bei 1,5 bis 2,0 Prozent und damit in der Nähe des von der US-Notenbank nun erstmals offiziell angestrebten Wertes von knapp unter 2,0 Prozent. (APA/Reuters)