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Bengalische Feuer trotz Verbots und jede Menge Mehrwegbecher - Letztere vom Veranstalter eindeutig gewollt: 45.000 Besucher machten den Nachtslalom in Schladming zu einem Volksfest.

Foto: Reuters/Eibenbichler

Schladming - Es war ein Volksfest, das sich am Dienstag beim Schladminger Nachtslalom entlang des Steilhangs und im Zielraum der Planai abgespielt hat. Geht es nach dem Willen der Touristiker im Hauptort des Ennstals, soll es noch viele solcher Volksfeste geben. ÖSV-Präsident Peter Schröcksnadel wünscht sich allerdings auch etwas Kitzbüheler Flair in die steirische Winterlandschaft - und das nachhaltig.

Er habe Prinz Hubertus von Hohenlohe gebeten, seine Kontakte in die Welt der Hübschen und Schönen für Schladming zu nützen. Etwas Schickeria gehöre ganz einfach zur Skiweltmeisterschaft nächstes Jahr. Die Promis sollen längerfristig internationales Publikum ins Ennstal locken. Denn nur mit internationalen Gästen sei Wachstum in der Region noch möglich.

Top-Liga alpiner Tourismusdestinationen

Der Gefahren, die damit einhergehen, sei man sich bewusst, sagt Jürgen Winter, Bürgermeister des 4500 Einwohner zählenden Städtchens. Durch vorausschauendes Handeln sei das Risiko für die gewachsene Wirtschaftsstruktur im Tal und die ökologische Balance - Stichwort Umweltverbrauch - beherrschbar. Die Chancen, die mit der Verankerung Schladmings in der Top-Liga alpiner Tourismusdestinationen verbunden seien, würden überwiegen.

Das sehen freilich nicht alle so. "Die Qualitäten der Region liegen woanders und erschöpfen sich nicht darin, Touristen mit der Seilbahn den Berg hinaufzubringen und ins Tal fahren zu lassen" , sagte Manfred Koblmüller vom Ökologie-Institut dem Standard.

Koblmüller war Leiter eines Projekts, bei dem im Auftrag des Landes Steiermark Vorschläge für eine möglichst umweltverträgliche Nachnutzung der WM zusammengetragen wurden. Der Akzent lag auf einer sanfteren als der dann realisierten Form von Tourismus. Schladming habe die Chance genützt, viel Geld von Bund und Land lockerzumachen. 290 Mio. Euro betragen allein die Förderungen. "Das Geld ist für sehr traditionelle Projekte wie Straßenbau, Tiefgarage und Seilbahn ausgegeben worden, statt beispielsweise eine attraktive Bahnanbindung zu realisieren, wie dies St. Anton gemacht hat" , sagte Koblmüller. Der Tiroler Ort profitiere auch elf Jahre nach der WM noch von der damals getätigten Investition in eine neue Zulaufstrecke und einen neuen Bahnhof.

Mehrwegbecher

Der Bahnhof in Schladming wird zurzeit zwar um gut 20 Mio. Euro behindertengerecht umgebaut, ist aber nicht wirklich nahe bei den Wettkampfstätten. Zudem ist die Bahnlinie durch das Ennstal einspurig. Bürgermeister Winter: "Der Generalverkehrsplan ist nicht meiner; die Entscheidung über einen zweispurigen Ausbau der Schiene durch das Ennstal wird in Wien oder Brüssel getroffen, nicht in Schladming."

Zumindest das Müllproblem habe man in den Griff bekommen. Die Einführung von Mehrwegbechern habe das Abfallaufkommen und die Unfallgefahr wegen herumliegender Scherben bei Großevents wie dem Nachtslalom stark reduziert. "Nun wollen wir noch die Plastikflaschen wegbekommen und stattdessen Mehrweggebinde forcieren" , sagt Winter. Solarzellen am Dach des erst kürzlich eröffneten Kongresshauses und Kollektoren auf der in Bau befindlichen neuen Kläranlage sollen ein weiteres Signal sein, dass bei allen Entscheidungen sehr wohl umweltpolitische Überlegungen mit eine Rolle spielten.

Große Events, kleine Dinge

"Die kleinen Dinge summieren sich auch", sagt Zukunftsforscher Andreas Reiter. "Bei Großevents wird es immer so sein, dass sie zumindest auf den zweiten Blick viele Löcher haben, wo sie nicht grün sind. Wichtig ist, dass irgendwo begonnen wird."

ÖSV-Präsident Schröcksnadel nennt bis zu 450.000 Besucher als Ziel für die zehn WM-Tage nächstes Jahr. Beim Nachtslalom waren es 45.000 - zehnmal so viel, wie Schladming selbst Einwohner hat. (Günther Strobl, DER STANDARD, Printausgabe, 26.1.2012)