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Im Aufzugs- und Fahrtreppenkartell wurde 2007 die bisher höchste österreichische Kartellstrafe verhängt. Die involvierten Unternehmen wurden zu einer Strafe von 75,4 Millionen Euro verdonnert.

Foto: AP/Lefteris Pitarakis
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Die Wettbewerbshüter können künftig leichter gegen zu hohe Preise von Energieanbietern vorgehen. Die Ausnahmen von Kartellstrafen werden eingeschränkt, die Kronzeugenregelung wird dafür ausgebaut.

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Wien - Die Arbeiterkammer und die Regulierungsbehörde E-Control haben schon lange den Verdacht, dass sich die Energieversorger auf Kosten der Kunden ein goldenes Näschen verdienen. Der Markt ist von wenig Wettbewerb gekennzeichnet, sinkende Einkaufspreise werden nur zögerlich an die Kunden weitergegeben.

Eine Klage wegen möglicher Verstößen gegen das Wettbewerbsrecht durch die E-Control kam bisher nicht zustande, weil sich die Strom- und Gasanbieter rechtlich dagegen wehren, ihre Kalkulationen bekanntzugeben.

Wirtschafts- und Justizministerium verschärfen nun die Gangart, in dem eine Umkehr der Beweislast eingeführt wird. Künftig müssen die Wettbewerbsbehörden oder die E-Control nur mehr nachweisen, dass ein Anbieter höhere Preise als auf einem vergleichbaren Markt verrechnet, um ein Verfahren einleiten zu können.

Der Energieanbieter muss dann beweisen, dass es sachliche Gründe für die höheren Preis gibt. Das Modell wurde von Deutschland abgekupfert. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (VP) meint, dass es im Nachbarland allein durch die Androhung von Verfahren zu Rückzahlungen im Ausmaß von 130 Millionen Euro gekommen sei.

Mit den am Mittwoch vorgelegten Gesetzesentwürfen soll auch eine österreichisch-spezifische Ausnahme im Kartellrecht fallen. Bisher konnten Unternehmen ungestraft Absprachen treffen, wenn ihr Marktanteil österreichweit bei unter fünf Prozent oder in einem regionalen Teilmarkt bei unter 25 Prozent lag.

Haben sich also beispielsweise von 1000 Installateuren in Wien 240 auf einheitliche Preise geeinigt, konnte man dagegen rechtlich nichts machen. Künftig wird laut Justizministerin Beatrix Karl (VP) jede Art von Preisabsprachen und Aufteilung von Märkten dem Kartellrecht unterliegen, das maximale Strafen von zehn Prozent des Umsatzes vorsieht.

Ausgebaut wird die Kronzeugenregelung, die seit 2006 bereits 27-mal beantragt wurde und unter anderem zur bisher höchsten Kartellstrafe in Österreich (75,4 Millionen beim Aufzugskartell) geführt hat. Bisher konnte man nur Kronzeuge werden (und somit ohne Strafe davonkommen), wenn die Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) noch keinen Hinweis auf ein Kartell hatte.

Leichter Kronzeuge werden

Künftig soll es auch dann noch möglich sein, wenn bereits ein Verdacht vorliegt. Dass dadurch die Gefahr besteht, ein Ertappter könnte noch schnell die Seite wechseln, will Mitterlehner gar nicht abstreiten. Man rechne aber nur in Ausnahmefällen mit Abgrenzungsproblemen.

Die Kompetenzen der BWB werden generell gestärkt. Bei Hausdurchsuchungen darf sie künftig auch Räume oder Unterlagen versiegeln (was vor allem bei mehrtägigen Durchsuchungen von Relevanz ist). Auskünfte und Unterlagen von verdächtigen Unternehmen kann die BWB per Bescheid verlangen, wodurch man sich kürzere Verfahren verspricht. Werden falsche Auskünfte erteilt, drohen Strafen bis zu 50.000 Euro - bisher war das straflos.

Am grundsätzlichen Ablauf des Kartellverfahrens ändert sich aber laut den Entwürfen nichts. Die weisungsfreie BWB will seit Jahren selbst in erster Instanz Entscheidungen treffen. Das werden aber weiter nur die Kartellgerichte können. Der im Justizministerium angesiedelte weisungsgebundene Kartellanwalt, der ebenfalls Verfahren einleiten kann, wird nicht abgeschafft. Diese Doppelstruktur habe sich bewährt, sagte Mitterlehner. (Günther Oswald, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 26.1.2012)