Nichts, was man gerne im Körper hätte: Larven des Parasiten Nippostrongylus brasiliensis

Foto: Prof. Dr. David Vöhringer

Erlangen - Um neue Ansätze zur Entwicklung wirksamer Medikamente zu gewinnen, haben sich deutsche Forscher Wurmparasiten zugewandt. Wie die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg berichtet, soll herausgefunden werden, wie die Würmer das Immunsystem beeinflussen. Auf diese Weise kann Nippostrongylus brasiliensis, ein höchst unwillkommener Gast im Körper, der die Lungen befällt, sich anschließend aushusten und runterschlucken lässt, um ins Verdauungssystem zu gelangen und dort eine neue Generation zu produzieren, auch mal etwas Nützliches beitragen.

Im Immunsystem spielen T-Helferzellen eine zentrale Rolle: Sie sind an der Aktivierung von Fresszellen und der Bildung von Antikörpern beteiligt, die in den Körper eindringende Bakterien und Viren bekämpfen. Normalerweise also greifen T-Helferzellen körpereigenes Gewebe nicht an - bei Autoimmun-Erkrankungen wie beispielsweise Multipler Sklerose oder Typ-I-Diabetes liegt allerdings ein Verlust dieser Toleranz vor: Hier entwickeln sich T-Helferzellen des Typs Th1 und Th17, die beide eine starke Entzündungsreaktion auslösen.

Auf der Suche nach dem verantwortlichen Mechanismus

Interessanterweise treten Autoimmunkrankheiten in Ländern mit geringen Hygienestandards seltener auf. "Eine Hypothese besagt, dass eine Infektion mit Wurmparasiten, die in diesen Ländern häufig vorkommen, vor ungewollten Reaktionen des Immunsystems wie Allergie und Autoimmunität schützen kann", erklärt David Vöhringer, Leiter der Infektionsbiologischen Abteilung am Mikrobiologischen Institut des Universitätsklinikums Erlangen. Wie das genau geschieht, darüber ist bisher jedoch wenig bekannt.

Die Arbeitsgruppe um Vöhringer hat nun neue Erkenntnisse für einen möglichen Mechanismus gewonnen. Die Forscher konnten zeigen, dass bei Mäusen, die mit Nippostrongylus brasiliensis infiziert wurden, die für Autoimmunprozesse verantwortlichen Th1- und Th17-Zellen zu Th2-Zellen umprogrammiert werden können. Th2-Zellen schütten Botenstoffe aus, die einen hemmenden Einfluss auf Th1- oder Th17-vermittelte Immunreaktionen haben. "Damit ist uns erstmals ein konkreter Nachweis dafür gelungen, dass Wurmparasiten einen positiven Effekt auf die Umprogrammierung von T-Zellen und damit auf unser Immunsystem haben", sagt Vöhringer.

Die Forscher untersuchen nun, wie diese unerwartete Flexibilität von T-Zellen künftig therapeutisch genutzt werden kann. Dazu ist es zunächst notwendig, die verantwortlichen Komponenten der Parasiten zu isolieren. Mittelfristiges Ziel ist es, die Pharmaindustrie bei der Entwicklung wirksamer Medikamente gegen Autoimmun-Krankheiten zu unterstützen. (red)