Das Thema ist Dauerbrenner und hat Potenzial zur Kontroverse: "Fremdenfeindlichkeit und faschistische Werte" war ein vieldiskutierter Aspekt der aktuellen "Jugend und Zeitgeist"-Studie. Das Institut für Jugendkulturforschung befragte 400 Wiener zwischen 16 und 19 Jahren ob ihrer Zustimmung zu Aussagen wie: "In diesem Land leben schon viel zu viel Türken." Hier stimmten ganze 43,6 Prozent "voll und ganz" oder "eher" zu.

Die 15-jährige Annika Zopf kann sich dieses Ergebnis auch so erklären, dass man alle Ausländer in einen Topf werfe und ihnen einen Stempel aufdrücke. Sie ist mit Verallgemeinerungen und dem Aufzwingen von Klischees nicht einverstanden.

Fragen zum Nationalsozialismus

Zwei Aussagen zielten auf die Meinung der Jugend zum Nationalsozialismus ab. "Die Juden haben nach wie vor zu viel Einfluss auf die Weltwirtschaft" würden demnach 18,2 Prozent der Befragten unterschreiben. 11,2 Prozent konnten sich mit der Aussage "Adolf Hitler hat für die Menschen auch viel Gutes getan" anfreunden. Maleen Turnheim (15) meint dazu, die Jugendlichen scheinen "sich nicht im Klaren zu sein, was sie bejaht haben. Wahrscheinlich ist auch fehlende Bildung ein großes Problem." Zopf kann sich das Ergebnis der zweiten Frage nur damit erklären, dass durch Großeltern ein falsches Bild dieser Zeit vermittelt wird. "Viele sehen wahrscheinlich auch, dass Hitler am Anfang Arbeitsplätze geschaffen hat." Beide Mädchen sind sich einig: "Es ist doch egal, ob man als Jude oder als Christ viel Einfluss auf unsere Wirtschaft hat."

Prinzipiell kann man die Frage stellen, ob die Bewertung von vorgefertigten Aussagen mit "Stimme sehr / eher / eher nicht / gar nicht zu" ein repräsentatives Bild der Meinung der Personen wiederspiegelt. "Es ist fast unmöglich, komplexe Fragestellungen zu formulieren", sagt Philipp Ikrath vom Jugendkulturinstitut zu den Rahmenbedingungen solcher großangelegter Umfragen. Es gehe, etwa bei der Hitler-Frage, auch nicht konkret um das Thema Nationalsozialismus, sondern "darum, wie gut die Jugendlichen darüber informiert sind". Auch merkte der Jugendforscher an: "Wenn es um heikle Themen wie dieses hier geht, dann muss man immer bedenken, dass die Antworten nicht immer ganz ehrlich sind. Hier spielt auch das soziale erwünschte Antwortverhalten eine große Rolle." So würden etwa Menschen mit Vorurteilen gegen Zuwanderer das nicht immer preisgeben wollen, "weil es ihnen peinlich oder unangenehm ist". Die Fragestellungen seien aber durchaus sinnvoll, um "Zustimmungswerte zu ermitteln". Überraschend viele stimmten zu, als es um den Satz ging: "Für viele Zuwanderer sind die echten Österreicher ein minderwertiges Volk" - Mehr als 40 Prozent der Befragten sind dieser Ansicht.

"Man kann ziemlich klar herauslesen, dass es in Österreich noch immer viele Jugendliche gibt, die kein besonders gutes Verhältnis zu Zuwanderern haben", interpretiert Ikrath. Ist dieser Trend auch international zu beobachten? Das könne man nicht mit Sicherheit sagen, meint der Jugendforscher, "aber es ist anzumerken, dass es die Jugend eher zu der rechtsradikalen politischen Meinung treibt". (Anna Schnabl, DER STANDARD, Printausgabe, 25.1.2012)