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Paula Radcliffe kommt im Frühling nach Wien.

Foto: REUTERS/Fabrizio Bensch

Wien - Im Vorjahr war der Chef da. Der Äthiopier Haile Gebrselassie, größter Dauerläufer aller bisherigen Zeiten, rannte 21,0975 Kilometer durch Wien. Und er, der im April des Vorjahres als Marathon-Weltrekordler amtierte, machte den Halbmarathon, an sich ein Rahmenbewerb des Vienna City Marathon (VCM), unter dem Motto "Catch me if you can" zur Hauptattraktion.

Heuer kommt die Chefin nach Wien, die Britin Paula Radcliffe, die im Gegensatz zum zigfachen Medaillengewinner Gebrselassie, der seinen Weltrekord wieder los ist, noch immer die Bestmarke über die 42,195 km hält. Die stellte die heute 38-jährige Engländerin aus Northwich, Cheshire, 2003 und just in London auf - 2:15:25. Der Rekord kam nie auch nur annähernd in Bedrängnis. Die Zweite in der einschlägigen Bestenliste, die Russin Lilija Schobuchowa, war im Vorjahr in Chicago um fast drei Minuten länger unterwegs.

Radcliffe gewann 2005 WM-Gold und in ihrer Karriere viele der großen Städte-Marathons (in London gleich dreimal), ist zweifache Weltmeisterin im Halbmarathon, doch einer Olympia-Medaille lief sie bisher bei vier Versuchen auf verschiedenen Distanzen vergeblich hinterher. Die wohl letzte Chance hat die zweifache Mutter bei ihrem olympischen Heimspiel.

Der Marathon in London wird am 5. August gespielt. Der Vienna City Marathon, 29. Auflage, am 15. April. VCM-Veranstalter Wolfgang Konrad wollte nicht kommentieren, ob Radcliffe für ihr Antreten in Wien mehr oder weniger als 100.000 Euro kassiert, das ist so Usus.

Usus bei den Topstars ist aber auch, dass ein Rennen ins Programm passen muss, und für Radcliffe liegt Wien auf dem Weg nach London. In einem Skype-Interview mit VCM-Pressesprecher Andras Maier sagte sie, die derzeit auf 2400 Meter Seehöhe in Kenia trainiert: "Ich hab in Berlin mit Haile Gebrselassie gesprochen. Und er hat mir erzählt, wie gut das Publikum war, wie schnell die Strecke in Wien ist." Gebrselassie habe ihr dringend zur Teilnahme geraten. In Berlin hatte Radcliffe die Qualifikation für London geschafft.

"Für mich ist Wien ein wichtiger Test für Olympia. Ich freue mich", sagt Radcliffe. Sie spricht gut Deutsch. Und Konrad einen Vergleich aus mit einer heimischen Sportlegende: "Radcliffe befindet sich in ihrer Heimat in einer ähnlichen Situation wie Franz Klammer vor der Olympiaabfahrt 1976 in Innsbruck."

In Wien steht also schon wieder der Halbmarathon im Fokus. Doch das soll nicht so bleiben, sagt Konrad. "Haile ist uns passiert." Und er half quasi mit, Radcliffe nach Wien zu locken. "Man muss das Vertrauen zu den Topstars erst aufbauen." 2013, im Jubiläumsjahr, wolle man jedenfalls den Spitzensport im Marathon in den Mittelpunkt rücken. (Benno Zelsacher, DER STANDARD Printausgabe 26. Jänner 2012)