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Licht ins Dunkel: Mitt Romney verdiente 2010 und 2011 insgesamt rund 43 Millionen Dollar. Die Steuersätze dafür: im Schnitt um die 14 Prozent.

Foto: REUTERS/Brian Snyder

Das Orakel von Omaha meldete sich sofort zu Wort. Kaum hatte Mitt Romney seine Steuererklärung ins Netz gestellt, war Warren Buffett, der legendäre Milliardeninvestor aus der Prärie, auch schon mit schonungslos offenen Sätzen zur Stelle.

"Er macht sein Geld, indem er einen Haufen Kohle hin- und herschiebt und nicht, indem er den Rücken krumm macht. Was er tut, ist Geld hin- und herzuschaufeln." Nein, fügte Buffett hinzu, Romney treffe keine Schuld, wenn er nur 14 Prozent Steuern zahle. Schuld seien Gesetze, die es schwerreichen Kapitalanlegern wie ihm erlaubten, ihre Abgaben zu lächerlich niedrigen Sätzen zu entrichten, "zu halb so hohen wie die Durchschnittsangestellten in meinem Büro".

Treffender als Mister Tacheles kann man sie kaum beschreiben, die amerikanische Schieflage, für die Präsidentschaftsbewerber Romney eher unfreiwillig als Symbol herhalten muss. Der Republikaner, der ein geschätztes Vermögen von einer Viertelmilliarde Dollar scheffelte, als er die Beteiligungsgesellschaft Bain Capital führte, hat gegen keinen Paragrafen verstoßen, keine Einnahmen verschwiegen, den Fiskus de jure um keinen einzigen Heller geprellt. Vielmehr profitiert er von den Reformen George W. Bushs, an denen Barack Obama auf Grund des heftigen Widerstands der konservativen Opposition bisher nichts zu ändern vermochte. Demnach werden auf Kapitalgewinne Bundessteuern von höchstens 15 Prozent fällig, während für Arbeitslöhne ein Spitzensatz von 35 Prozent gilt.

Auf fast 550 Seiten ist akribisch aufgelistet, wie Romney sein Geld verdient. 20,8 Millionen Dollar kassierte er 2010 durch Kapitalanlagen, Dividenden und Zinsen. Einen Teil seiner Guthaben parkt er in Steueroasen, auf der Atlantikinsel Bermuda und auf den Cayman Islands in der Karibik. Ein Konto in der Schweiz ließ er vor zwei Jahren schließen. Gründe nennt er nicht, vielleicht lag es daran, dass Schweizer Banken immer stärker in den Fokus amerikanischer Kontrolleure gerieten. Und wie die meisten US-Millionäre ließ sich Romney nicht lumpen, wenn es ans Spenden ging. Fast drei Millionen Dollar zweigte er binnen zwölf Monaten ab für gemeinnützige Zwecke, in voller Höhe absetzbar von der Steuer. Gut die Hälfte floss an die Mormonenkirche, die Church of Jesus Christ of Latter-Day Saints, deren Laienbischof der 64-Jährige eine Zeit lang war.

Für 2011 präsentiert er, vorerst nur geschätzt, da Steuererklärungen erst im April fällig sind, im Großen und Ganzen ähnliche Zahlen. Dass man das alles im Detail nachlesen kann, liegt nicht unbedingt am Wunsch des Kandidaten, mit gläsernen Taschen in die nächsten Wahlkampfetappen zu ziehen. Zwar gehört rückhaltlose Transparenz in Geldangelegenheiten zu den ungeschriebenen Gesetzen einer Präsidentschaftskampagne. Doch Mitt Romney ließ sich wochenlang schieben und zerren, ehe er sich dem massiven Druck seiner republikanischen Rivalen beugte. Er habe alles überwiesen, was dem Fiskus zustehe, aber keinen Dollar mehr, kommentiert er nun die Zahlenkolonnen. "Ich glaube nicht, dass Sie einen Kandidaten wollen, der mehr Steuern zahlt, als er dem Staat schuldet."

Kampf um die Mittelschicht

Bei Republikanern der Tea-Party-Schule, die das Staatswesen ohnehin auf das allernötigste Minimum zurechtstutzen wollen, erntet er durchaus Applaus für solche Sätze. Anders kann es im November aussehen, wenn das ganze Land abzustimmen hat - falls Romney denn tatsächlich antritt gegen Präsident Obama. Das Weiße Haus nämlich will das Duell ins Zeichen einer Gerechtigkeitsdebatte stellen, hier die Multimillionäre, dort die Mittelschichten.

Barack Obama, dies nur zum Vergleich, zahlte im Jahr 2010 auf Einnahmen von 1.728.096 Dollar, das Gros aus Büchertantiemen sowie 400.000 Dollar Gehalt als US-Präsident, 453.770 Dollar Steuern. Zu einem Satz von rund 26 Prozent. (DER STANDARD-Printausgabe, 25.01.2012)