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Der IWF zeichnet eine düstere Prognose für die Weltwirtschaft.

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Grafik: DER STANDARD

Berlin/Washington - Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat seine Wachstumsprognosen wegen der Staatsschuldenkrise im Euroraum und weltwirtschaftlicher Schwächetendenzen auf breiter Front und teils drastisch gesenkt. Für die Eurozone rechnet der IWF in einem am Dienstag aktualisierten Ausblick für dieses Jahr mit einer "milden Rezession" und einem Schrumpfen der Wirtschaftsleistung um ein halbes Prozent. Auch für Österreichs wichtigsten Handelspartner Deutschland ist der Fonds vorsichtiger. Er erwartet nur noch 0,3 Prozent Wachstum und damit einen Prozentpunkt weniger als zuvor.

Besonders skeptisch ist der IWF in seinen Prognosen für die Krisenstaaten Italien und Spanien. Etwas ungünstiger als bisher fällt auch der Blick des Fonds auf die globale Wachstumslokomotive China aus. Mit Werten zwischen acht und neun Prozent werde die chinesische Wirtschaft aber 2012 und 2013 immer noch Spitzenwerte erreichen.

Um die Krise im Euroraum einzudämmen, forderte der IWF von den Europäern, vereinbarte Reformen rasch umzusetzen und ihre Rettungsschirme erheblich großzügiger als bisher geplant mit Geld auszustatten. Ländern mit finanzpolitischen Spielräumen wie Deutschland legt er zudem nahe, ihren scharfen Konsolidierungskurs zu lockern, um der Wirtschaft mehr Raum für Wachstum zu geben. Die Europäische Zentralbank (EZB) müsse mit einer lockeren Geldpolitik und Liquiditätshilfen absichern, dass sich die Finanzprobleme im Währungsraum und in seiner Bankenbranche nicht verschärfen. Aber auch andere Länder müssten ihren Teil zur Stabilisierung der Weltwirtschaft beitragen. Von den USA wird ein mittelfristig ausgerichteter Plan zur Schuldenbegrenzung gefordert, China zu einer Stärkung des Binnenkonsums aufgefordert.

Aufschwung bedroht

"Der weltwirtschaftliche Aufschwung ist bedroht", heißt es in der IWF-Analyse. Zwar würden die meisten Industrieländer wohl eine Rezession vermeiden, die Abschwächungstendenzen seien aber umfassend. Grund sei im Wesentlichen, dass die Wirtschaft im Euroraum "in eine neue gefährliche Phase" eingetreten sei und in eine "milde Rezession" abgleiten werde. Das strahle auf den Rest der Welt aus. Der IWF senkte daher die Wachstumsschätzung für die Weltwirtschaft gegenüber seinem Ausblick vom September drastisch. Mit 3,3 Prozent im Jahr 2012 werde der Zuwachs 0,7 Prozentpunkte geringer als bisher erwartet ausfallen. Auch die Schätzung für 2013 liegt mit plus 3,9 Prozent um 0,6 Prozentpunkte niedriger. Unverändert schätzt der Fonds allerdings die Entwicklung in den USA in diesem Jahr mit einem Plus von 1,8 Prozent ein. Den Ausblick für 2013 nahm er um 0,3 Prozentpunkte auf 2,2 Prozent zurück.

Am deftigsten fällt die Abwärtsrevision für die Eurozone aus. Deren Wachstumsausblick senkte der Fonds für 2012 um 1,6 Prozentpunkte auf ein Minus von 0,5 Prozent. Und auch der erwartete Zuwachs von 0,8 Prozent im nächsten Jahr bedeutet in etwa eine Halbierung des bisherigen Schätzwerts. Dramatische Einbrüche werden den beiden großen Euroländern Italien und Spanien vorausgesagt. Italien dürfte dieses Jahr laut Fonds auf ein Minus von 2,2 Prozent fallen, nachdem zuletzt noch ein Mini-Wachstum von 0,3 Prozent erwartet worden war. 2013 werde Italien mit 0,6 Prozent in der Rezession bleiben. Ähnlich sieht es für Spanien aus: Für dieses Jahr rechnet der Fonds nun mit einem Schrumpfen von 1,7 Prozent und für 2013 um 0,3 Prozent, Absenkungen um jeweils zwei bis drei Prozentpunkte.

Für den bereits stark nach unten korrigierten neuen Ausblick bestehen laut IWF immer noch viele Abwärtsrisiken. So spricht der Fonds von einem Szenario, das eine Zuspitzung der Schulden- und Finanzkrise im Euroraum zeichnet. Dieses könnte die Schätzung für die Währungsunion noch einmal um vier Prozentpunkte drücken.

Von der Politik rund um den Erdball forderte der Fonds entschiedene und rasche Schritte, um aus der Abwärtsspirale herauszufinden. So müsse die Haushaltssanierung in den meisten Industriestaaten vorangetrieben werden. In Ländern mit finanziellen Spielräumen wie Deutschland sollten die Zügel mit Rücksicht auf das Wachstum in der Welt indes nicht zu sehr angezogen werden. Die EZB sollte zusätzliche befristete Schritte einer geldpolitischen Lockerung gehen und weiter den Finanzmärkten Liquidität zur Verfügung stellen. Zudem müssten die Rettungsfonds ESM und EFSF mit ausreichend Mitteln ausgestattet werden. Beim Thema Bereinigung der Bankenbilanzen im Euroraum warnte der Fonds, den Risikoabbau zu sehr zulasten von Krediten vorzunehmen. Die Banken müssten zusätzliches Kapital erhalten. (APA/Reuters)